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Neue Ausgabe der Denk-doch-mal.de

Mehr Werte statt Mehrwert in der Bildung

Die Autor*innen sprechen von einer notwendigen Werteorientierung in Bildung. Sie knüpfen damit an einen Diskurs über Werteerziehung an, der sich auf Oskar Negt bezieht. Demnach bildet die „Auseinandersetzung mit den demokratischen Werten der bürgerlichen Gesellschaft einen nicht unwichtigen Teil einer emanzipativen politischen Bildung. Es geht um Menschenwürde, Demokratie und soziale Gerechtigkeit.

Demnach wären die universalen Menschenrechte und die im Grundgesetz niedergelegten Grundrechte Bezugspunkt und Gegenstand eines kritischen Bildungsprozesses, in dem die in diesen Rechten zum Ausdruck kommenden Werthaltungen in ihrer historischen Genese beschrieben, ihre Umsetzung in gesellschaftliche Wirklichkeit überprüft und ihre Orientierung für individuelles und kollektives soziales und politisches Handeln diskutiert werden. Das Spannungsverhältnis zwischen politischen und sozialen Grundrechten ist Ausgangspunkt der kritischen Reflexion. Mit den Worten Oskar Negts: „Ohne Wirtschaftsdemokratie gibt es keine haltbare Zivilgesellschaft“.

Der unreflektierte und allenfalls mit Hinweis auf die Modellbildung begründbare Bezug auf den „Homo oeconomicus“ in wesentlichen Bereichen der ökonomischen Bildung transportiert eine Werthaltung, die soziale Beziehungen auf ein Gegeneinander reduziert und den eigenen ökonomischen Nutzen zum Maßstab individuellen und sozialen Verhaltens macht. Solcherart verkürzte ökonomische Bildung unterstützt den Trend zur Ökonomisierung des Sozialen, die ethischen Werte müssen sich den ökonomischen, meist betriebswirtschaftlichen Prämissen unterordnen. Ökonomische Bildung in der genannten Verkürzung gerät in Widerspruch zu politischer Bildung.[3] Implizit begünstigt sie eine Wertorientierung des Egoismus.

Im beginnenden Zeitalter von Corona scheint das über soziale Medien vermittelte E-Learning das Non-Plus-Ultra angemessener Pädagogik zu sein. Fragen nach den wirtschaftlichen Interessen der Anbieter, meist die der großen Internetkonzerne, werden ebenso als randständig gesehen wie die nach Datenschutz und informationeller Selbstbestimmung. Entscheidend ist jedoch, dass die Algorithmisierung von Bildung zu einer Vorbestimmung pädagogischer Prozesse führen kann, die in Widerspruch zu der im kritischen und oft auch kontroversen Diskurs gewonnenen Urteilsfindung geraten kann. „Das Neue an Learning Analytics ist,“– so schreibt Ilka Hoffmann, für Schulpolitik verantwortliches Vorstandsmitglied der GEW – „dass die Tools nicht allein von Pädagog*innen entwickelt und kontrolliert werden, sondern durch von Informatiker*innen programmierte Algorithmen.“ Diese Konzepte werden – so ihre Befürchtung – weniger von Lerntheorie und Entwicklungspsychologie bestimmt, als von den materiellen Interessen und technischen „Sachzwängen“ der Anbieter.“


Quelle: Denk-doch-mal.de, Ausgabe 2-2020, Auszug aus dem Vorwort.



Schlagworte zu diesem Beitrag: Digitalisierung, Weiterbildung, Lebenslanges Lernen
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.07.2020