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Betriebliche Weiterbildung pendelt sich auf hohem Niveau ein

Hohe Weiterbildungsquote: Alles eine Frage der richtigen Statistik?

Wirklich verändert hat sich die Weiterbildungsbeteiligung in den letzten Jahren nicht. Gegenüber 2011 und 2012 ist sie 2014 um einen mageren Prozentpunkt gestiegen. Dabei ist das Weiterbildungsverhalten stark von der Betriebsgröße abhängig. „Während sich im 1. Halbjahr des Jahres 2014 nahezu alle Betriebe mit 250 oder mehr Beschäftigten in der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter engagierten, traf dies auf weniger als die Hälfte der Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern zu.“ Damit ist die durchschnittliche Quote stark vom Weiterbildungsverhalten der kleineren Betriebe abhängig. Erst wenn auch sie regelmäßig betriebliche Weiterbildung anbieten, könnte die Quote stärker ansteigen. Kleinere Betriebe bis 49 Mitarbeiter zählen mit über 50 Prozent zu denjenigen Unternehmen, die lediglich sporadisch Weiterbildung anbieten. Sie bestimmen damit mit ihrem Verhalten den statistischen Durchschnittswert der jeweiligen Erhebung.

Die Statistik wiederum hängt ab von denjenigen Aktivitäten, die als betriebliche Weiterbildung gezählt wird. Das IAB-Betriebspanel hat einen sehr heterogenen Begriff von Weiterbildung. Praktisch alles, was irgendwie mit dem Begriff Weiterbildung in Verbindung gebracht werden kann, zählt dazu. Kurse und Vorträge gehören genauso dazu wie „weichere Formen des arbeitsintegrierten, teils beiläufigen Lernens“. Die Länge der Weiterbildungsmaßnahme spielt keine Rolle.

So kann die Weiterbildung durch Neuanschaffung und Einweisung in neuere Produktionsanlagen notwendig werden. Im Gesundheitsbereich sind sie gesetzlich vorgeschrieben. Das erklärt nach Ansicht der Forscher auch den hohen Frauenanteil an der betrieblichen Weiterbildung. „So ist der Frauenanteil an den Beschäftigten in jenen Wirtschaftszweigen besonders hoch, die sich durch ein überdurchschnittliches Weiterbildungsengagement auszeichnen. Dies gilt etwa für das Gesundheits- und Sozialwesen oder den Bereich Erziehung und Unterricht.“

Grundsätzlich lässt die vom IAB-Betriebspanel gewählte Datengrundlage keine „Rückschlüsse auf die Art der betrieblich geförderten Weiterbildungsaktivitäten zu“.

Gerade aus der sozialwissenschaftlichen Forschung ist bekannt, das Normen und Werte das Antwortverhalten beeinflusst und verzerrt. In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird versucht, diesen Effekt zu messen und damit die tatsächlichen Einstellungen zu ermitteln.

Politik und Wirtschaft predigen seit Jahren, jeder Mensch, jeder Betrieb müsse mehr in Weiterbildung investieren. Wer dennoch angibt, sich nicht an Weiterbildung zu beteiligen, verletzt damit von Politik und Wirtschaft gesetzte Normen. Das kann das Antwortverhalten beeinflussen. Um keine Normverletzung zu begehen, würde dann eine Weiterbildungsbeteiligung erklärt. Wenn das IAB-Betriebspanel keinerlei Rückschlüsse auf die Art der Weiterbildung zulässt, kann fast alles, was irgendwie als Weiterbildung angesehen werden kann, als Weiterbildungsbeteiligung ausgewiesen werden. Im Extremfall wäre das auch eine halbstündige Unterweisung eines Monteurs in eine neue Knetmaschine.



Quelle: IAB-Fragebogen Arbeitgeberbefragung 2013

Wird eine dieser Angaben bejaht, dann hat sich der Betrieb an der Weiterbildung beteiligt und erhöht die Quote. Wem überhaupt nichts einfällt, der hat halt eine „Sonstige Weiterbildungsmaßnahme“ durchgeführt.

Warum die Forscher des IAB auf die Auswertung dieser Frage verzichten und die Ergebnisse dem Publikum vorenthalten, bleibt deren Geheimnis. An dieser Stelle ging es ganz offensichtlich nicht um die „Qualität“ der Weiterbildung. Nur die quantitativen Zahlen zählen, wenn es um die Erfüllung gesellschaftlicher Normen geht. Und die Norm sagt halt, du sollst etwas für die Weiterbildung tun. Bleibt die spannende Frage: Haben die Unternehmen ihre Aktivitäten in Weiterbildung tatsächlich erhöht oder nur der Norm folgend was „sonstiges“ gemacht? Wir wissen es nicht.


Sie können den IAB-Kurzbericht Weiterbildung in Deutschland, Engagement der Betriebe steigt weiter hier als pdf-Datei herunterladen.

Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Betriebliche Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 19.08.2015

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 29.03.2024