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Übergangsystem von der Schule in die Berufsausbildung

Der direkte Übergang in die Berufsausbildung muss Ziel der Bildungspolitik sein

Zwei Drittel der Ausbildungsplätze werden mittlerweile von Schulabsolventen mit mittlerem Abschluss und Hochschulreife besetzt. Da bleibt für Hauptschulabsolventen nicht mehr viel übrig. Tatsächlich fanden im Jahr 2012 rund 266.700 junge Menschen nach der allgemeinbildenden Schule keinen Lehrplatz, sondern verbrachten wertvolle Lebenszeit im sogenannten Übergangssystem. In Baden-Württemberg scheint sich jetzt eine Abkehr von diesen oftmals kritisierten Warteschleifen anzubahnen. Ein Ausbildungsbündnis setzt auf neue Wege. Welche das sind, erklärt der Abteilungsleiter Bildungspolitik beim Baden-Württembergischen Handwerkstag, Dr. Stefan Baron im Interview.

Herr Baron, das sogenannte Übergangssystem zwischen Schule und Berufsausbildung ist in den letzten Jahren in die Kritik geraten. Der Baden-Württembergische Handwerkstag etwa sagt, das Übergangssystem habe seinen Namen nicht verdient. Warum?

Stefan Baron: Aus Sicht des Handwerks sollte die Bildungspolitik das Ziel des direkten Übergangs von der Schule in die Ausbildung verfolgen. Immer seltener gelingt dieser direkte Übergang und Jugendliche belegen vollzeitschulische Bildungsgänge an Beruflichen Schulen. Meistens mit dem Ziel, einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen. Einen höheren Bildungsabschluss kann man aber auch parallel zur Ausbildung erwerben, beispielsweise durch den ausbildungsbegleitenden Erwerb der Fachhochschulschulreife oder das Duale Berufskolleg. Warum also Warteschleifen im sogenannten Übergangssystem ziehen, während man auch direkt in eine Ausbildung starten kann?

Regionales Übergangsmanagement
Das Ausbildungsbündnis Baden-Württemberg hat an dieser Stelle Reformen gestartet. Wie genau sehen diese aus?

Stefan Baron: Ende vergangenen Jahres wurde durch das Ausbildungsbündnis ein Eckpunktepapier zur Neugestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf in Baden-Württemberg beschlossen. Die vorgelegten Eckpunkte wurden in einer Landtagsdebatte von allen Landtagsfraktionen begrüßt. Im Kern beinhaltet das Papier einen Vorschlag zur Verringerung des berufsschulischen Übergangsbereichs mit derzeit über 32.000 Schülern durch eine Stärkung des direkten Übergangs von der Schule in die Ausbildung. Das Ziel soll durch eine Intensivierung der Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen sowie die Einrichtung eines regionalen Übergangsmanagements erreicht werden, an dem alle maßgeblichen Akteure beteiligt werden. Gelingt der direkte Übergang nicht, sieht das Eckpunktepapier mit der Dualen Ausbildungsvorbereitung (AV Dual) und der Berufsqualifizierung (BQ Dual) zwei neue Bildungsgänge für unterschiedliche Zielgruppen vor, die jedoch deutlich höhere Praktikumsanteile als bisher aufweisen.

Aktive Einbindung der Eltern
Und was tut das Handwerk, um leistungsschwächeren Jugendlichen eine Brücke in die berufliche Ausbildung zu bauen?

Stefan Baron: Neben der Mitwirkung bei den oben erwähnten Aktivitäten des Eckpunktepapiers laufen bei den einzelnen Handwerkskammern in Baden-Württemberg noch verschiedene Projekte. Die Handwerkskammer Karlsruhe setzt im Rahmen einer systematischen Berufsorientierung schon sehr früh bei den Jugendlichen an. Dies beginnt bereits ab der 5. Klasse in der Haupt- und Werkrealschule und seit etwa einem Jahr in der Realschule, beispielsweise mit Schulbesuchen durch Ausbildungsbotschafter, Einladungen ab der 7. Klasse in die Werkstätten unserer Bildungsakademie oder einem individuellen Matching zwischen Jugendlichem und Ausbildungsbetrieb.

Für schwächere Schüler ohne Perspektive auf eine Berufsausbildung bieten wir in einem vom baden-württembergischen Finanzministerium geförderten Projekt eine intensive und individuelle Betreuung an. Dabei werden Eltern, Lehrer und eventuell Schulsozialarbeiter eingebunden, bei Bedarf weitere Partner, wie Arbeitsagentur und Jugendamt. Nach einem Berufseignungstest, der Aufschluss über passende Berufsfelder für eine duale Ausbildung gibt, folgt das Matching mit einem entsprechend ausbildungsbereiten Betrieb. Entscheidend für den Erfolg sind Anpassung der Selbst- und Fremdwahrnehmung, dauerhafte und aktive Einbindung der Eltern und die Stärkung der persönlichen Kompetenzen, etwa durch Workshops und frühzeitige Kontakte zu den vorgesehenen Ausbildungsbetrieben.


Quelle: bildungsklick.de vom 14. März 2014


Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 18.03.2014