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Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen!

Die Politik liebt es, irgendwelche Saeue durchs Dorf zu treiben, wenn es gilt, von anderen Themen wie der Finanzkrise abzulenken. Im Bereich der Arbeitsmarktpolitik waren das der angebliche Fachkraeftemangel und der demografische Mangel. Gegen beides soll die berufliche und betriebliche Weiterbildung mal wieder wahre Wunder bewirken.

Was den Fachkraeftemangel angeht, ist inzwischen eine deutliche Beruhigung eingetreten. Eine neue Studie des Instituts fuer Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt auf, dass die These vom Fachkraeftemangel gleich von zwei falschen Annahmen ausgeht. Einerseits werde ein "Normalmass" an unbesetzten Stellen vorausgesetzt, bei deren Unterschreitung der behauptete Fachkraeftemangel einsetze. Dummerweise koenne niemand dieses "Normalmass" definieren. Andererseits werde das Problem der Aus- und Weiterbildung damit von der betrieblichen auf die gesellschaftliche Ebene verschoben. Betriebliche Loesungen zur Deckung des Fachkraeftebedarfs wuerden somit systematisch ausgeklammert, "So entsteht ein vermeintlicher Fachkraeftemangel, der - betrachtet man die vom potenziellen Mitarbeiter ausgeuebten Taetigkeiten und nicht die berufliche Formalqualifikationen - mit dem vorhandenen Bewerberpotenzial zum Teil vermeidbar waere", so die Autoren der Studie.

Um nicht missverstanden zu werden. Die Autoren sprechen sich nicht gegen, sondern fuer mehr berufliche Weiterbildung aus. Sie sollte nur zu den "ausgeuebten Taetigkeiten" passen. Da gebe es durchaus Handlungsbedarf. Die sieht die Bundesagentur fuer Arbeit auch, und das seit Jahren. Auch in der Begruendung fuer den Jahreshaushalt 2013 heisst es: "Die Budgetplanung ermoeglicht es vor allem, die Chancen zu ergreifen, die der Arbeitsmarkt bietet: Dabei gehen Verwaltungsrat und Vorstand zwar von einer leicht steigenden Arbeitslosigkeit, aber einer weiter hohen Nachfrage nach Arbeitskraeften aus. In diesem Umfeld kann und will die BA in den kommenden Jahren investieren, um mehr Menschen als bisher zu Abschluessen zu bringen, die auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt sind. Dafuer und fuer andere Massnahmen, die bei der Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt helfen, stehen im kommenden Jahr 3,6 Milliarden Euro zur Verfuegung (Eingliederungstitel)." (Pressemeldung der BA vom 9.11.2012)

Die Absicht, trotz der Kuerzungen der Bundeszuschuesse den Etat im Bereich des Eingliederungstitels nicht radikal zusammen zu streichen, ist loeblich. Nur muessen diese Mittel dann auch wirklich bei den Erwerbslosen ankommen. Wer sich die letzten Zahlen der BA anschaut, kann daran erhebliche Zweifel haben. "Alle Positionen des Eingliederungstitels - mit Ausnahme der Massnahmen zur Flankierung des Strukturwandels - liegen unter dem Ausgabeniveau des Vorjahres. In den ersten drei Quartalen wurden mit 1.352,5 Mio. EUR um 343,3 Mio. EUR oder 20,2 % weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres und 677,6 Mio. EUR bzw. 33,4 % weniger Mittel als geplant eingesetzt." (Quartalsbericht 3. Quartal 2012 der BA) Die Ausgaben fuer die Foerderung der beruflichen Weiterbildung sanken in den ersten drei Quartalen 2012 um weitere 77 Mio. Euro auf 258 Mio. Euro, ein Rueckgang um 23 % gegenueber dem Vorjahr.

Es hilft eben nicht, oben mit schoenen Worten zu planen und unten in den Agenturen Druck zu machen, Geld zu sparen und Massnahmen zu verweigern. Kennzahlen sollen helfen, Probleme zu erkennen. Und nicht dazu, Beschaeftigte zu drangsalieren und von der Vergabe von Massnahmen an Erwerbslosen abzuhalten. Vielleicht koennte eine kluge Weiterbildung hier helfen, das Kennzahlensystem vom Kopf auf die Fuesse zu stellen. Das koennte der Foerderung der beruflichen Weiterbildung Fluegel verleihen.

Da war ja noch der demografische Wandel. Bis 2060 soll es in Deutschland 14 Millionen weniger Einwohner geben. Das entspricht der heutigen Einwohnerzahl von Niedersachsen und Hessen. Ob es da allerdings noch die BA, den Fachkraeftemangel und eine ausreichende Weiterbildung fuer alle gibt, wer kann das heute schon sagen. Vielleicht ist Niedersachsen dann aufgrund der Klimaaenderung und des steigenden Meeresspiegels von der Landkarte verschwunden. Hilft die Allzweckwaffe Weiterbildung auch gegen die Erderwaermung? Saeue gibt es genug, um sie durchs Dorf zu treiben. "2 und 2 ergibt etwas. Und 4 und 4 ergibt etwas anderes. Was uns fehlt ist Bildung. Ab heute gehen wir in die Abendschule." Das sagte einst Stan Laurel zu Oliver Hardy. Zumindest die beiden wussten, wovon sie sprachen.


Weitere Inhalte

1. Fachkraefte und unbesetzte Stellen in einer alternden Gesellschaft
2. Die Lage der beruflichen Rehabilitation in der Arbeitsfoerderung
3. BIBB aktualisiert "Checkliste: Qualitaet beruflicher Weiterbildung"
4. Termine
5. Impressum
6. .info Netzwerk-Weiterbildung abonnieren und kuendigen


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1. Fachkraefte und unbesetzte Stellen in einer alternden Gesellschaft
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Das Institut fuer Arbeitsmarkt- und Berufsforschung beschaeftigt sich in einem aktuellen Forschungsbericht mit dem prognostizierten Fachkraeftemangel. Dabei werden besonders die betrieblichen Perspektiven analysiert, mit denen gegenwaertigen oder zukuenftigen Problemen bei Stellenbesetzungen entgegengewirkt werden kann.

Der Mangelbegriff selbst ist nach Ansicht der ForscherInnen bereits "in einem gleich doppelten Sinne irrefuehrend:" Einerseits setze er ein "Normalmass" an unbesetzten Stellen voraus, bei deren Ueberschreitung der Mangel eintrete. Ein solches Normalmass sei in dynamischen Arbeitsmaerkten nicht wirklich messbar. Andererseits wird das Problem damit von der betrieblichen in die gesellschaftliche Ebene verschoben. Betriebliche Loesungen fallen damit aus dem Fokus, wenn es darum gehe, dem "Fachkraeftemangel" zu begegnen.

"So entsteht ein vermeintlicher Fachkraeftemangel, der - betrachtet man die vom potenziellen Mitarbeiter ausgeuebten Taetigkeiten und nicht die berufliche Formalqualifikationen - mit dem vorhandenen Bewerberpotenzial zum Teil vermeidbar waere." Die AutorInnen fordern daher: "Die Durchlaessigkeit zwischen der Ausrichtung der Ausbildung und der tatsaechlichen Taetigkeit muss durch eine verstaerkte effektive fachliche Fort- und Weiterbildung und eine geringere Fixierung des Betriebs auf formale Qualifikationen erhoeht werden. Die Debatte um den Fachkraeftemangel ist also nicht nur eine akademisch hoechst spannende, sondern auch eine hoechst politische Debatte."

Weitere Ergebnisse der Studie finden Sie auf der Seite Berufliche Weiterbildung . Dort koennen Sie die vollstaendige Studie auch als pdf-Datei herunterladen.


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2. Die Lage der beruflichen Rehabilitation in der Arbeitsfoerderung
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Medizinische und/oder berufliche Rehabilitationen sind fuer Menschen mit gesundheitlichen Einschraenkungen notwendig, um im Berufsleben wieder Fuss zu fassen. Das System der Reha-Traeger ist allerdings komplex und unuebersichtlich. Je nach Ursache der Beeintraechtigung und Umfang der bisherigen Erwerbstaetigkeit koennen unterschiedliche Reha- Traeger zustaendig sein.

In der neuen "arbeitsmarktaktuell" des DGB wird das System der beruflichen Reha ausfuehrlich analysiert. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Bereich der arbeitsmarktpolitischen Aktivitaeten. Seit der Einfuehrung des Hartz IV-Systems sind die Anforderungen an die berufliche Reha deutlich gestiegen. Zugleich ist ein Rueckgang der Anerkennung von Reha-Bedarfen festzustellen.

Im Hartz IV-System ist eine Tendenz zu eher kurzfristigen Massnahmen zu erkennen. Laengerfristige, berufliche Qualifikationen vermittelnde Massnahmen wie Umschulungen, werden deutlich weniger gefoerdert.

Die wichtigsten Forderungen des DGB zum Bereich der beruflichen Rehabilitation finden Sie auf der Seite Foerderung der beruflichen Weiterbildung . Dort koennen Sie die "arbeitsmarktaktuell" auch als pdf-Datei herunterladen.


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3. BIBB aktualisiert "Checkliste: Qualitaet beruflicher Weiterbildung"
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Das Bundesinstitut fuer Berufsbildung (BIBB) hat seine "Checkliste: Qualitaet beruflicher Weiterbildung" neu aufgelegt. Der Ratgeber bietet fuer Weiterbildungsinteressierte ausfuehrliche Informationen, mit denen die Angebote von Weiterbildungstraegern leichter beurteilt werden koennen.

Ausserdem enthaelt er eine Uebersicht ueber die verschiedenen Foerdermoeglichkeiten fuer die individuelle berufliche Weiterbildung. Zur leichteren Handhabung werden wichtige Begriffe am Ende der Checkliste in einem Glossar alphabetisch aufgefuehrt und erlaeutert.

Auf der Seite Tipps finden Sie eine Uebersicht ueber die in der Broschuere abgehandelten Themen und einen Link zum Herunterladen der vollstaendigen Broschuere.


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4. Termine
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Was tun gegen Arbeitsverdichtung? Gefaehrdungsanalyse nach § 5 Arbeitsschutzgesetz

Der Preisdruck auf die Anbieter von Weiterbildungsmassnahmen nach SGB II; III und IX nimmt zu. Mit ihm steigen die Arbeitsbelastungen fuer die Beschaeftigten. Nicht nur fallen die Vorbereitungszeiten fuer den Unterricht in die persoenliche Freizeit, nebenbei sollen auch Angebote erstellt und Projektmittel akquiriert werden. Auf Dauer kann der damit verbundene anhaltende Druck zu psychischen Ueber- und Fehlbelastungen fuehren, die sich in verschiedenen Beschwerden ausdruecken und von Kopfschmerzen ueber Schlafstoerungen bis hin zu Erschoepfungszustaenden oder gar "burn out" reichen koennen. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Arbeitgeber, Belastungsanalysen der Arbeitsplaetze zu erstellen. Psychische Belastungen sind zu erfassen und Massnahmen zu ihrer Beseitigung zu ergreifen. Betriebsraete haben hier wichtige Mitbestimmungsrechte.

Im Seminar werden wichtige Moeglichkeiten dazu anhand praktischer Beispiele vorgestellt und erfahrbar gemacht. Fuer das Themenfeld relevante rechtliche Grundlagen werden vermittelt.

Weitere Informationen zum Seminar finden Sie auf der Seite Termine des Bundesfachbereichs .


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5. Impressum
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Herausgeber
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Landesbezirk Niedersachsen Bremen
Brigitte Schuett
Landesfachbereichsleiterin Bildung Wissenschaft Forschung
Goseriede 10
30159 Hannover

Redaktion: Peter Schulz-Oberschelp
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6. .info netzwerk-weiterbildung abonnieren und kuendigen
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Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.12.2012