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Mindestlohn in der Weiterbildung

Viel Arbeit für Betriebsräte

Als am 20. Juli 2012 die „Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Sozialgesetzbuch“ im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, passierte erst einmal nichts. Doch mittlerweile sind viele Betriebsräte mit den Folgen beschäftigt. Schließlich sieht der zugrundeliegende Tarifvertrag Mindestsätze pro Arbeitsstunde vor – die meisten Arbeitsverträge weisen dagegen ein Monatsgehalt aus. Nun gilt es zu rechnen, ob der Mindestlohn – möglicherweise auch nur in Monaten mit vielen Arbeitstagen – unterschritten wird.

In Betrieben, die bisher darauf verzichtet hatten, musste eine Zeiterfassung eingeführt werden. Das ist auch die Grundlage für die Überprüfungen durch den Zoll. In der gegenwärtigen Situation nicht mehr akzeptabel ist die Abgeltung von geleisteten Arbeitsstunden zu einem späteren Zeitpunkt – sei es durch Freizeit oder Geld. Regelungen zur Arbeitszeitflexibilisierung können daher momentan nicht angewendet werden. Außerdem hat sich in einigen Betrieben der Zeitpunkt der Überweisung geändert: Laut Tarifvertrag ist die Vergütung spätestens zum 15. des Folgemonats zu zahlen.

Vor allem Betriebsräte bei Weiterbildungsträgern ohne Tarifbindung sahen sich mit unterschiedlichsten Reaktionen ihrer Arbeitgeber auf die Mindestlohnverordnung konfrontiert. Einige Geschäftsführungen wollten sofort kollektive Regelungen über veränderte Zahlungsmodalitäten treffen. Andere drängten ihre Beschäftigten, solche Vereinbarungen individuell abzuschließen. Wieder andere forderten ihre MitarbeiterInnen auf, ihre Wochenarbeitszeit zu reduzieren, damit die Gehaltszahlungen nicht erhöht werden müssten. Da sich aber das Arbeitspensum absehbar nicht verringern würde, stand dahinter wohl nichts anderes als die Absicht, die staatlichen Kontrolleure zu täuschen.

Eine weitere Gruppe von ArbeitgeberInnen schaltete auf stur und informierte ihre Beschäftigten, dass der Mindestlohn nicht gezahlt würde. Manche begründeten das damit, dass sie juristisch gegen die Verordnung vorgegangen seien und das Ergebnis der Auseinandersetzung abwarten wollten. Andere behaupteten, der eigene Betrieb falle gar nicht in den Geltungsbereich des Tarifvertrags.

In der Folge hatten die Betriebsräte alle Hände voll zu tun. KollegInnen kamen vorbei und wollten Beratung. Unabhängig davon, für welche Fragen Betriebsräte nach Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall tatsächlich zuständig sind, mussten sie zu alledem Positionen entwickeln. Anderswo kamen die ArbeitgeberInnen aber auch selbst auf die Betriebsräte zu mit der Absicht, sie für die jeweilige Strategie mit ins Boot zu holen.

Der Umgang der Arbeitnehmervertretungen mit dieser Situation ist vielfältig – so wie die Strategien der Arbeitgeber. Doch ganz klar ist: Die Betriebsräte haben die Pflicht darüber zu wachen, dass die zugunsten der ArbeitnehmerInnen geltenden rechtlichen Regelungen eingehalten werden. Auch darf die Umsetzung des Mindestlohns nicht dazu führen, dass irgendjemand schlechter gestellt wird als bisher.

Bei ver.di liefen die Telefone ebenfalls heiß. Viele Betriebsräte wollten wissen, wie die Mindestlohnverordnung umgesetzt wird. Ein Großteil der Antworten sind in der Broschüre „Mindestlohn in der Weiterbildung“ zu finden, die der Bundesfachbereich Bildung Wissenschaft Forschung im August 2012 herausgegeben hat. Im September fand außerdem in Berlin eine Betriebsrätetagung zum Mindestlohn statt.


Von Maren Kaltschmidt

Weitere Beiträge zum Mindestlohn in der für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Sozialgesetzbuch finden Sie in der aktuellen Ausgabe de biwifo-report.


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 04.12.2012