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Was bewirken Arbeitsmarktmaßnahmen?

Kurze Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung

Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen waren früher in den §§ 48-52 SGB III geregelt; seit 2009 können Maßnahmen mit ähnlicher Zielsetzung über § 46 SGB III gefördert werden. Ziel von Trainingsmaßnahmen ist es, den Teilnehmenden durch Bewerbungstraining und kurzer Qualifizierung die Integration in den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Es handelt sich in der Regel um kurze Maßnahmen mit einer maximalen Dauer von zwölf Wochen. Zum einen gibt es Bewerbungstrainings, bei denen die Teilnehmenden Informationen rund um den Bewerbungsprozess erhalten, Bewerbungen schreiben und auf Vorstellungsgespräche vorbereitet werden. Diese meist recht kurzen Kurse (wenige Tage bis zu zwei Wochen) werden jedoch auch dazu genutzt, die Verfügbarkeit von Arbeitslosen zu überprüfen. Bei Verweigerung der Teilnahme können Kürzungen im Leistungsbezug eintreten. Weiterhin verfolgen Trainingsmaßnahmen sowohl das Ziel der Eignungsfeststellung und der Kenntnisvermittlung. Diese Kurse dauern bis zu acht Wochen. Werden sie als Maßnahmenkombination durchgeführt, können sie auch bis zu zwölf Wochen dauern. Eignungsfeststellungen und Kenntnisvermittlungen finden in unterschiedlichen Berufsfeldern statt, wie im gewerblich-technischen, im pflegerischen, im Dienstleistungs- oder im kaufmännischen Bereich. Außerdem werden EDV-Anwendungen, Sprachkurse und Kurse mit Informationen zu Existenzgründungen angeboten. Trainingsmaßnahmen können bei einem Bildungsträger als schulische Maßnahme oder in Betrieben, wo sie eher als Einzelmaßnahme durchgeführt werden, stattfinden. In Betrieben finden vor allem Maßnahmen zur Eignungsfeststellung sowie zur Vermittlung von Kenntnissen statt.

Zu den Wirkungen von Trainingsmaßnahmen liegen eine ganze Reihe von Studien aus der jüngeren Vergangenheit vor, die sich in Design und analysiertem Zeitraum unterscheiden:
  • Eine erste Gruppe von Studien ermittelt die Wirkungen auf den Verbleib in ungeförderter Beschäftigung von Trainingsmaßnahmen insgesamt, d.h. ohne Differenzierung der einzelnen Maßnahmevarianten. Biewen et al. (2007), Hujer et al. (2006b) Lechner/Wunsch (2006), Osikominu (2009) sowie Wunsch/Lechner (2008) untersuchen Maßnahmen in Westdeutschland für Eintrittskohorten zwischen 1999 und 2002 auf Basis von Vergleichsgruppenansätzen bzw. unter Anwendung ereignisanalytischer Verfahren.

  • Stephan (2008) sowie Stephan/Pahnke (2010) differenzieren in ihren Analysen, die sich auf den Rechtkreis SGB III beziehen, zwischen betrieblichen und nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahmen. Untersucht werden mittels Vergleichsgruppenansätzen Maßnahmenzugänge im März 2003; Ergebnisvariablen sind der Verbleib bzw. die kumulierten Tage in Beschäftigung.

  • Noch genauer nach Maßnahmenarten und -inhalten differenzieren die Studien für Arbeitslosengeld-II-Bezieher von Wolff/Jozwiak (2007), Jozwiak/Wolff (2007), Hartig et al. (2008), Kopf (2009) sowie Kopf/Wolff (2009). Auf Basis von Vergleichsgruppenansätzen werden die Effekte hinsichtlich ungeförderter Beschäftigung und Überwindung des ALGII-Bezugs für eine Eintrittskohorte im ersten Quartal 2005 untersucht.

  • Im Rahmen der Evaluation der Experimentierklausel des § 6c SGB II wurden die Trainingsmaßnahmen ebenfalls ohne Differenzierung analysiert. ZEW et al. (2008) beziehen auf Basis von Befragungsdaten zugelassene kommunale Träger mit ein und untersuchen Zugänge in Trainingsmaßnahmen im November und Dezember des Jahres 2006.

Die Studien zum Zugangszeitraum 1999 bis 2002, die nicht zwischen den Maßnahmenarten
differenzieren, finden überwiegend schwach positive Effekte der Förderung durch Trainingsmaßnahmen. Weitere Studien zeigen jedoch, dass sich die Wirkungen der Maßnahmevarianten erheblich unterscheiden können, da der Kontakt zu einem Arbeitgeber auch ausschlaggebend für die Übernahme eines Teilnehmers in ein Beschäftigungsverhältnis sein kann. Im Rechtskreis SGB III zeigen die Studien, dass von den Teilnehmenden an Trainingsmaßnahmen zur Vermittlung von Kenntnissen, die in Betrieben durchgeführt wurden, 3 ½ Jahre nach einem Maßnahmenbeginn im März 2003 15 Prozentpunkte mehr beschäftigt waren als die Mitglieder einer nicht oder später geförderten Vergleichsgruppe; kumuliert über den Beobachtungszeitraum waren sie gut 200 Tage mehr in Beschäftigung. Für Teilnehmende an nicht-betrieblich durchgeführten Trainingsmaßnahmen zur Vermittlung von Kenntnissen sind nach 3 ½ Jahren leicht positive Fördereffekte in einer Größenordnung von 5 Prozentpunkten festzustellen.

Die Ergebnisse zu den Trainingsmaßnahmen im Rechtskreis SGB II sprechen dafür, dass auch hier positive Eingliederungswirkungen vorliegen, allerdings ist die Wirkung auf die Überwindung des Leistungsbezugs nach der ZEW-Studie, die nicht zwischen unterschiedlichen Maßnahmevarianten differenziert, insignifikant. Nach den Ergebnissen des IAB führt die Teilnahme an betrieblichen Trainingsmaßnahmen rasch zu deutlich positiven Eingliederungswirkungen, die in der Größenordnung um die 20 Prozentpunkte gegenüber vergleichbaren Nicht-Geförderten liegen, bei ähnlichen Wirkungen bezüglich der Vermeidung von Arbeitslosengeld-II-Bezug. Die insgesamt deutlichen Eingliederungswirkungen der betrieblichen Trainingsmaßnahmen auf die Teilnehmenden könnten aber auch zu einem guten Teil Folge von Mitnahmeeffekten der Betriebe sein. Für schulische Trainingsmaßnahmen weist die Studie ebenfalls positive, aber mit nur bis zu 3 Prozentpunkten deutlich geringere Eingliederungswirkungen nach. Zudem leistet die Teilnahme an schulischen Trainingsmaßnahmen keinen Beitrag zur Vermeidung des Arbeitslosengeld-II-Bezugs.

Untersucht man die Wirkungen der Trainingsmaßnahmen differenziert nach Alter, Migrationsstatus und Dauer der Erwerbslosigkeit der Teilnehmenden sowie nach der lokalen Arbeitsmarktlage, so zeigt sich, dass die Eingliederungswirkungen beider Arten von Trainingsmaßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene in der Regel um einige Prozentpunkte geringer sind als für Teilnehmende ab 25 Jahren. Eine weitere Studie wertet mit der gleichen Datengrundlage die Trainingsmaßnahmenwirkungen für unter-25-jährige Teilnehmende detaillierter nach Schulabschluss, Berufserfahrung und Nationalität aus. Sie finden aber keine gesicherten Hinweise auf unterschiedliche Wirkungen zwischen den betrachteten Teilnehmergruppen.

Weitere Studien aus dem IAB differenzieren die Trainingsmaßnahmen noch stärker und analysieren die Wirkungen unterschiedlicher Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen. Sie unterscheiden zwischen vier schulischen Trainingsmaßnahmen: Bewerbungstraining, Eignungsfeststellung, Kenntnisvermittlung und Maßnahmenkombinationen. Des Weiteren betrachten sie zwei Formen von betrieblichen Trainingsmaßnahmen: Eignungsfeststellung und Kenntnisvermittlung/Maßnahmenkombinationen. Wiederum wurden Arbeitslosengeld-II-Bezieher, die zu Beginn des Jahres 2005 in die Maßnahme eingetreten sind, untersucht. Allerdings lag ein längerer Beobachtungszeitraum vor, so dass Beschäftigungswirkungen der Teilnahmen für bis zu 28 Monate nach Maßnahmeneintritt untersucht wurden. Die Resultate zu den Wirkungen der beiden betrieblichen Trainingsmaßnahmen unterscheiden sich kaum und bestätigen die oben zitierten Befunde. Bei schulischen Trainingsmaßnahmen zeigen sich einige Unterschiede. So werden für Teilnehmende an Kenntnisvermittlungen mit 3 bis knapp 4,5 Prozentpunkten nach 28 Monaten die höchsten Eingliederungswirkungen erzielt, gefolgt von Eignungsfeststellungen und Maßnahmenkombinationen. Bewerbungstraining wirkt sich allerdings für geraume Zeit nachteilig auf die Eingliederung in ungeförderter sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Gegen Ende des Beobachtungszeitraums sind dann keinerlei statistisch gesicherten Wirkungen von Bewerbungstrainings nachweisbar.


Berufliche Weiterbildung für Arbeitslose

Maßnahmen zur Förderung beruflicher Weiterbildung (§ 77 ff. SGB III) lassen sich grob unterteilen in a) berufliche Weiterbildungen mit einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf und b) sonstige Maßnahmen zur Qualifikationserweiterung. Unter die letzte Kategorie fallen beispielsweise das Nachholen einer Abschlussprüfung, berufsbezogene übergreifende Weiterbildungen, berufliche Aufstiegsweiterbildungen und Qualifizierungen in Übungsfirmen oder Übungswerkstätten.

Auf der Mikroebene hat eine Vielzahl von Studien die Wirkung der Teilnahme an geförderten beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen analysiert.
  • Die langfristigen Wirkungen der Teilnahme an Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen (FuU), die in den Jahren 1993 und 1994 begannen, untersuchte ein Kooperationsprojekt der Universitäten St. Gallen und Frankfurt sowie des IAB (Lechner et al. 2007, 2010, Fitzenberger et al. 2008, Fitzenberger/Speckesser 2007, Fitzenberger/Völter 2007). 1998 wurden diese Maßnahmen durch die Kategorie „Förderung beruflicher Weiterbildung“ (FbW) abgelöst. Lechner/Wunsch (2009) analysieren Eintritte aus dem Zeitraum 1986 bis 1995, um die Konjunkturabhängigkeit der Wirkung zu ermitteln.

  • Geförderte Weiterbildungsteilnehmer, die in den Jahren 1999 bis 2002 in Arbeitslosigkeit eingetreten waren, betrachten Lechner/Wunsch (2006), Wunsch/Lechner (2008), Biewen et al. (2007), Fitzenberger et al. (2009), Osikominu (2009), Fitzenberger et al. (2010), Hujer et al. (2006a). Verschiedene Studien, die aus der Hartz-Evaluation entstanden sind (IZA et al. 2006, Rinne et al. 2010, Schneider/Uhlendorff 2006) beziehen sich ebenfalls auf diesen Zeitraum. Bei diesen Beiträgen sind die Beobachtungszeiträume mit 24 bis 30 Monaten entsprechend kürzer. Kluve et al. (2007) konzentrieren sich auf die Frage, wie die Wirkung von Maßnahmeteilnahmen mit ihrer Dauer von Maßnahmen variiert. Paul (2010) untersucht speziell die Gruppe der Abbrecher. Paul (2010) und Fitzenberger et al. (2010) nutzen dabei Panel-Schätzverfahren, die ansonsten unbeobachtbare Selektionseffekte berücksichtigen.

  • Im Zuge der Hartz-Reformen wurde im Jahr 2003 von der Zuweisung in Maßnahmen zur Förderung beruflicher Weiterbildung auf die Ausgabe von Bildungsgutscheinen umgestellt, mit denen potentielle Teilnehmer selbst einen Bildungsträger auswählen. Im Rahmen der Hartz-Evaluation wurden Eintritte bis 2004 untersucht (IZA et al. 2006, Bonin/ Schneider 2006, Schneider/Uhlendorff 2006). Zudem haben Stephan (2008) und Stephan/Pahnke (2010) Maßnahmeneintritte aus dem Jahr 2003 untersucht. Selektivitäten beim Ausgabe- und Einlösungsprozess selbst analysiert Kruppe (2009).

  • Die Wirkung der Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die zwischen Februar und April 2005 in Maßnahmen zur Förderung beruflicher Weiterbildung eingetreten sind, schätzt die Studie von Bernhard/Kruppe (2010a).

Analysen der Maßnahmeneintritte in den Jahren 1993 und 1994 zeigten, dass die Wiedereingliederungschancen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei Teilnehmenden an FuU durch die Förderung in Beobachtungszeitraum (von bis zu acht Jahren nach Förderbeginn) überwiegend stiegen. Positive Effekte auf die Beschäftigungsquoten – von bis zu 20 Prozentpunkten – fanden sich in Westdeutschland insbesondere bei Maßnahmen mit einem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Die kumulierten Beschäftigungseffekte fallen bei letzteren – aufgrund der langen Einbindungseffekte – allerdings dennoch negativ aus, während sie bei berufsbezogener übergreifender Weiterbildung positiv sind. Bereits diese erste Kohorte von Studien verdeutlicht, dass die geschätzten Effekte nach Maßnahmenvariante und Merkmalen der Teilnehmer erheblich differieren. Eine Auswertung von Fördereintritten seit Mitte der 80er Jahre zeigt zudem, dass die Förderung die Beschäftigungschancen und das monatliche Einkommen umso stärker beeinflusste, desto höher die Arbeitslosigkeit zum Zeitpunkt des Förderbeginns war.

Bei Studien für den Eintrittszeitraum 1999 bis 2002 und Verbleibszeiträumen von zwei bis drei Jahren ab Förderbeginn, die auf einem Vergleichsgruppenansatz beruhen, sind die Ergebnisse nicht so eindeutig: Lechner und Wunsch finden keine positiven Effekte der Maßnahmen auf die Beschäftigungschancen der Geförderten. Fitzenberger und Koautoren hingegen weisen für Fördereintritte positive Beschäftigungswirkungen von Weiterbildungsmaßnahmen kurzer und mittlerer Dauer nur für ausgewählte Beschäftigtengruppen nach, die zum Teil bis zu 10 Prozentpunkte erreichen. Dagegen wurden im Rahmen der Hartz-Evaluation positive Effekte in einer Größenordnung von 5 bis 10 Prozentpunkten auf die Beschäftigungschancen aller untersuchten Gruppen festgestellt. Zudem ließen sich bei den Geförderten leicht positive Lohneffekte feststellen. Eine Rolle für Unterschiede in den Ergebnissen könnte dabei das jeweils verwendete Vergleichsgruppenkonzept spielen (Stephan 2008, 2009).

Insgesamt bestätigt jedoch auch diese Kohorte von Beiträgen, dass die Untersuchungsergebnisse nach Fördervarianten und Teilnehmergruppen recht unterschiedlich ausfallen. Eine weitere Studie des IZA kommt ergänzend zu dem Befund, dass die Beschäftigungswirkung geförderter Weiterbildungsmaßnahmen bis zu einer Maßnahmendauer von 100 Tagen steigt, dann aber nicht weiter zunimmt. Eine aktuelle Analyse der Universität Freiburg, die auch unbeobachtbare Selektionseffekte berücksichtigt, ermittelt für berufsbezogene übergreifende Weiterbildung 2 ½ Jahre nach Förderbeginn – je nach Untersuchungsgruppe – sogar Beschäftigungseffekte von 10 bis 20 Prozent, die für Frauen höher als für Männer und für West- höher als für Ostdeutschland ausfallen. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die üblichen Vergleichsgruppenansätze – bei denen ein Fördereintritt in einem bestimmten Zeitraum mit keinem Fördereintritt in diesem Zeitraum verglichen wird – die Fördereffekte im Vergleich zu einer Nicht-Teilnahme um etwa ein Drittel unterschätzen könnten.

Eine Abbrecherstudie zeigt für den oben genannten Zeitraum, dass etwa ein Fünftel der Teilnehmer eine Weiterbildungsmaßnahme vorzeitig beendet. Weniger als die Hälfte der Abbrecher nehmen innerhalb eines Monats eine Erwerbstätigkeit auf. Die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs einer Umschulungsmaßnahme oder berufsbezogenen übergreifenden Weiterbildung ist bei Personen ohne oder mit vergleichsweise niedrigem Schulabschluss etwa 20 Prozent höher. Eine Wirkungsanalyse zeigt dann allerdings, dass ein Abbruch – im Vergleich zum Abschluss einer Maßnahme – die Beschäftigungschancen der Teilnehmer im Durchschnitt weder verbessert noch verschlechtert. Eine mögliche Deutung ist, dass Personen nur so lange an Maßnahmen teilnehmen, wie dies für sie positive Effekte hat.

Ergebnisse der Hartz-Evaluation weisen darauf hin, dass sich durch die Hartz-Reformen seit 2003 die Effektivität der Maßnahmen leicht erhöht hat. Dies dürfte in erster Linie auf eine durchschnittliche Verkürzung der Maßnahmen und den damit einhergehenden Einbindungseffekt zurückzuführen sein. Allerdings zeigten Auswertungen des IAB auch, dass die Ausgabe von Bildungsgutscheinen selektiv erfolgt – so erhalten z.B. Personen ohne schulischen und beruflichen Abschluss einen solchen Bildungsgutschein seltener. Darüber hinaus lösten diese Personengruppen den Gutschein mit geringerer Wahrscheinlichkeit ein und nahmen entsprechend seltener tatsächlich an einer Maßnahme teil. Insgesamt sprechen die Befunde dafür, bei Personen mit deutlichen Vermittlungshemmnissen von Gutscheinlösungen eher abzusehen. Da diese mit der Auswahl eines Maßnahmeträgers teilweise überfordert sind, verstärkt der Bildungsgutschein die Selektion wettbewerbsstärkerer Arbeitsloser in Bildungsmaßnahmen.

Für Arbeitslosengeld-II-Empfänger stellte das IAB – mit einem Vergleichsgruppenansatz und bezogen auf die Wahrscheinlichkeit der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung – nach etwa 2 ½ Jahren schließlich positive Förderwirkung von bis zu 10 Prozentpunkten fest. Dabei profitierten arbeitsmarktferne Gruppen, Migranten, Ältere sowie beruflich bereits qualifizierte Weiterbildungsteilnehmer und Männer in stärkerem Ausmaß von der Teilnahme als die anderen Gruppen.

Festzuhalten ist schließlich: Zum Teil kommen dieselben Studien, die positive Beschäftigungseffekte feststellen, zu dem Ergebnis, dass die untersuchten Weiterbildungsmaßnahmen nicht zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit beigetragen haben. Dieser auf den ersten Blick paradoxe Befund lässt sich dadurch erklären, dass Erwerbspersonen sich nicht nur in Arbeitslosigkeit, in Maßnahmen (einschließlich geförderter Beschäftigung) oder in ungeförderter Beschäftigung befinden können, sondern auch einen anderen Status am Arbeitsmarkt inne haben können, der in den Prozessdaten nicht erfasst ist. Hierzu zählt erstens die Stille Reserve im eigentlichen Sinne, die aus Personen gebildet wird, die zwar nicht aktiv nach Arbeit suchen und deshalb auch nicht arbeitslos gemeldet sind, bei passenden Rahmenbedingungen aber eine Arbeit aufnehmen würden. Zweitens fehlen in den Prozessdaten Personen, die in den Ruhestand eintreten, sich selbständig machen oder verbeamtet werden. Den Unterschied zwischen der Förderwirkung zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit und der Förderwirkung auf den Eintritt in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung kann man deshalb so interpretieren, dass ein geringerer Anteil der Geförderten als der Vergleichspersonen in einen dieser nicht erfassten Status gewechselt ist. Vermutlich wurden durch die Weiterbildungsmaßnahmen zumindest zum Teil Personen im Arbeitsmarkt gehalten, die sonst in die Nicht-Erwerbstätigkeit abgewandert wären.


Zwischenfazit

Die Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungschancen, die vermittlungsunterstützenden Dienstleistungen sowie kurze und längere Qualifizierungsmaßnahmen umfassen, zeigen insgesamt leicht positive Wirkungen hinsichtlich der Integration in Beschäftigung: Am wenigsten wirksam ist nach diesen Studien die Beauftragung Dritter mit der gesamten Vermittlung, die nur bei wenigen Teilgruppen unter den Arbeitslosen zu einer signifikanten Verbesserung der Beschäftigungsaussichten führt. Bei den vermittlungsunterstützenden Dienstleistungen schneidet der Vermittlungsgutschein etwas besser ab, hier stiegen die Integrationschancen im Durchschnitt bei den Empfängern zumindest leicht. Allerdings ist zu beachten, dass vorwiegend Arbeitslose mit besseren Beschäftigungsaussichten den Gutschein erhalten.

Die Mehrzahl der Studien zu den Wirkungen der Förderung beruflicher Weiterbildung, aber auch zu den Trainingsmaßnahmen, kommt zu dem Ergebnis, dass diese Maßnahmen die Arbeitsmarktchancen der Teilnehmenden längerfristig erhöhen. Bei Trainingsmaßnahmen, die nicht länger als drei Monate andauern, treten Eingliederungswirkungen bereits innerhalb der ersten zwei Jahre und teils sogar wenige Monate nach Teilnahmebeginn auf. Die Effektivität unterschiedlicher Trainingsmaßnahmenarten variiert ebenfalls deutlich: Am oberen Ende der Skala befinden sich die betriebsnahen Maßnahmen, am unteren Ende schulische Bewerbungstrainings. Die geschätzten Wirkungen der Förderung beruflicher Weiterbildung differieren ebenfalls zwischen einzelnen Varianten und Teilnehmergruppen. Bei kürzeren Maßnahmen tritt die positive Wirkung schneller ein, längerfristig scheint jedoch die Wirkung von Maßnahmen, die auf den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf abzielen, auf die Beschäftigungschancen höher auszufallen.

Bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungschancen spielt offensichtlich die Art und Weise der Erbringung arbeitsmarktlicher Dienstleistungen eine besondere Rolle. Träger können einerseits im Rahmen des Vergaberechts direkt beauftragt werden, andererseits können Arbeitslose Gutscheine für entsprechende Leistungen zu erhalten. Umgesetzt wurde letzteres bereits durch die Vermittlungsgutscheine wie auch die Bildungsgutscheine. Forschungsergebnisse zum Bildungsgutschein lassen allerdings vermuten, dass Gutscheine insbesondere bei Personen mit Vermittlungshemmnissen eine echte Hürde beim Zugang zu Arbeitsmarktdienstleistungen darstellen. Aus Forschungsperspektive wäre es daher wichtig, diesen Aspekt bei eventuellen weiteren Gutscheinlösungen zu berücksichtigen.


Quelle: Sachstandsbericht der Evaluation der Instrumente, BMAS, Januar 2011


Sie können den vollständigen Bericht hier als pdf-Datei herunterladen.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik, Berufliche Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 08.02.2011

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 19.03.2024