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Mindestlohn

70 Prozent wollen Mindestlohn - Arm wie Reich für zehn Euro



Gut zwei Drittel der Bevölkerung wollen einen gesetzlichen Mindestlohn. Sogar unter Besserverdienern und Selbstständigen sind die Befürworter in der Mehrheit.

Dass große Teile der Bundesbürger sich eine gesetzliche Lohnuntergrenze wünschen, zeigen Umfragen immer wieder. Eine aktuelle Untersuchung im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums liefert nun erstmals detaillierte Einblicke in die Einstellungen der Menschen in Deutschland zum Thema Mindestlohn. Dazu hat das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) an der Universität Frankfurt eine repräsentative Befragung von 5.000 Bundesbürgern ausgewertet.

Das Ergebnis:
Egal, welche soziale Gruppe man betrachtet, ob Arbeitslose, abhängig Beschäftige, Selbstständige, hoch oder niedrig Gebildete: immer ist deutlich mehr als die Hälfte der Befragten für einen gesetzlichen Mindestlohn.

Insgesamt 70 Prozent sprechen sich für eine allgemeine Lohnuntergrenze aus, 30 Prozent sind dagegen. Erwartungsgemäß fallen die Antworten jedoch nicht in allen Bevölkerungsgruppen gleich aus. Unter Langzeitarbeitslosen ist die Zustimmung mit fast 90 Prozent am höchsten. Besserverdiener halten einen gesetzlichen Mindestlohn eher für verzichtbar als Geringverdiener. Die Selbstständigen finden vergleichsweise wenig Gefallen an der Lohnuntergrenze. Überraschend allerdings, dass selbst in dieser Gruppe noch eine Mehrheit von 61 Prozent für den Mindestlohn ist. Die eigene soziale Lage und der persönliche Nutzen, den sich der Einzelne von einem Mindestlohn verspricht, hat Einfluss auf die Meinung der Befragten. Daher hatten die IWAK-Forscher solche Schwankungen der Zustimmung in den Untergruppen erwartet. Um so erstaunlicher der Kernbefund: "Bei allen von uns untersuchten Subgruppen gibt es eine mehrheitliche Befürwortung des Mindestlohns."

Wie hoch sollte der Mindestlohn sein? Ziemlich genau zehn Euro, meinen die Mindestlohn-Befürworter im Schnitt. Damit plädieren sie für einen Stundenlohn der eher am oberen als am unteren Ende der von Politik und Wissenschaft diskutierten Spanne liegt - und oberhalb der in anderen Ländern geltenden Mindestlöhne. Hier unterscheiden sich die Vorstellungen, etwa von Selbstständigen und Langzeitarbeitslosen, kaum. Am niedrigsten fällt die Forderung von Menschen aus, die seit weniger als einem Jahr arbeitslos sind: Sie plädieren im Schnitt für eine Lohnuntergrenze von 9,62 Euro pro Stunde. Dies verweise auf den Wunsch nach Rückkehr ins Erwerbsleben, für den sie bereit sind, ihre Ansprüche zu verringern, so die Forscher.

Gefragt wurde auch nach den erwarteten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen eines Mindestlohns: Klar im Vordergrund steht die Hoffnung auf mehr soziale Gerechtigkeit, gefolgt von einer spürbaren Entlastung der Sozialsysteme. Beide Erwartungen werden jeweils von einer deutlichen Mehrheit der Befragten genannt. Ein gutes Drittel der Menschen rechnet mit Jobverlusten, ein knappes Drittel hingegen mit einer Zunahme der Beschäftigung. 41 Prozent erwarten mehr Schwarzarbeit. Hier unterscheiden sich Einschätzungen der erwarteten Vor- und Nachteile erwartungsgemäß am deutlichsten zwischen Befürwortern und Gegnern des Mindestlohns.

Mindestlohn-Gegner begründen ihre Position vor allem mit dem Argument, die Politik solle nicht in die Tarifautonomie eingreifen. Das sagen 52 Prozent der Kritiker. 34 Prozent meinen, der Staat solle sich generell aus dem Markt heraushalten. 24 Prozent halten einen Mindestlohn nur in ausgewählten Branchen für sinnvoll.
Die Forscher fassen zusammen: Mindestlöhne sind in der Wahrnehmung der Bevölkerung eng mit dem Wunsch nach sozialer Gerechtigkeit verbunden. Selbst eher skeptische Gruppen wie Besserverdienende und Selbstständige halten den Mindestlohn für eine sozial gerechte Maßnahme.


Quelle: Böckler Impuls 01/2010


Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 29.01.2010