Der Kommentar

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Wirtschaftskrise - Wahlen - Weiterbildung

Die Krise sollte genutzt werden, um die betriebliche Weiterbildung gezielt voranzutreiben. Mit großen finanziellen Anreizen sollten die Betriebe gelockt werden, ihren Beschäftigten mehr Weiterbildungsmöglichkeiten zu bieten. Doch bisher wird das Angebot kaum genutzt. Nach Informationen des DGB befinden sich von Millionen Beschäftigten in Kurzarbeit gerade einmal 10.000 bis 15.000 in Weiterbildungsmaßnahmen. Dabei sollte eine Qualifizierungswelle durch das Land gehen und den Fachkräftemangel nach der Krise begrenzen.

Die Gründe für die zaghafte Nutzung der Fördermittel sind vielfältig, doch ein Punkt sticht besonders ins Auge. Selbst große Unternehmen sind in der Personalentwicklung häufig nicht so aufgestellt, dass sie den Qualifizierungsbedarf ihrer Beschäftigten kennen. Unternehmen, die in Zeiten florierender Geschäfte kaum in Weiterbildung investiert haben, sind schlichtweg überfordert, in der Krise für die Beschäftigten und das Unternehmen sinnvolle Weiterbildungsmaßnahmen zu initiieren. Weiterbildung in der Krise – bisher eher ein Flop.

Vielleicht könnte ein Blick in die Wahlprogramme helfen, positive Aspekte für die Weiterbildung in der Zukunft zu sichten. Immerhin hatten die Parteien der großen Koalition in ihrem Koalitionsvertrag noch davon gesprochen, die Weiterbildung zur vierten Säule des Bildungswesens ausbauen zu wollen. Viel herausgekommen ist dabei nicht. Eine Bildungsprämie von 154 Euro im Jahr soll „Geringverdiener“ locken, ihre geringe Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen. Ob dieses Angebot in der Zukunft angenommen wird, bleibt abzuwarten. Bisher ist es wie bei der Kurzarbeit: Ohne Plan in Sachen Weiterbildung gibt es keine Steigerung der Weiterbildungsbeteiligung. Da hilft auch kein Bildungssparen.

Die letzte Legislaturperiode kann in der Bildungspolitik als Zeit der vertanen Chancen bezeichnet werden. Viele Ankündigungen, viele kleine Aktivitäten, aber kein Versuch, das Bildungssystem als Ganzes zu reformieren. Die Wahlprogramme von CDU/CSU und FDP deuten mehr auf Stillstand als auf statt Fortschritt in der Weiterbildung hin. Wer mehr wissen möchte, kann eine Zusammenfassung der Positionen im neuen biwifo-Report nachlesen. Weiterbildung in den Programmen der Parteien – schwarz/gelb bewegt sich auf ausgetrampelten Wegen.

Wenn Weiterbildung zumindest in den Sonntagsreden von Parteien und Verbänden hoch im Kurs steht, dann könnte man meinen, dass den politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen zumindest die Arbeitsbedingungen der in der Weiterbildung Beschäftigten interessieren. Wer gute Weiterbildung fordert, der muss auch gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten fordern. Denn ohne gute Arbeit in der Weiterbildung gibt es auch keine guten und qualitativ hochwertigen Weiterbildungsangebote.

Unsere neue Auswertung der Honorarsätze zeigt ein anderes Bild. Die meisten bei mediafon angegebenen Honorarsätze liegen unter 20 Euro die Unterrichtsstunde, ein Stundensatz, der nur als Armutslohn bezeichnet werden kann. Bedeutet er doch für Selbstständige in der Weiterbildung, am Ende des Erwerbslebens in die Sozialhilfe, in diesem Fall unter die „Grundsicherung im Alter“ zu fallen. Viele Beschäftigte erhalten Monatslöhne, die deutlich unter den jetzt erkämpften Bezügen von ErzieherInnen und SozialarbeiterInnen in der Kindererziehung liegen.

Immerhin hat sich die AG Bildung und Forschung der SPD-Bundestagsfraktion im Juni des Themas angenommen und ein Manifest „Gute Arbeit – Gute Weiterbildung“ über „Perspektiven für die Beschäftigten in der Weiterbildung – Prekäre Arbeit in der Weiterbildung bekämpfen“ herausgegeben. „Gute Weiterbildung gibt es nur mit motivierten und gut ausgebildeten Beschäftigten. Motivierte Beschäftigte benötigen gute Rahmenbedingungen in der Weiterbildung. Klare Rechtsansprüche, transparente Förderangebote, gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung sind daher eine wichtige Grundlage für gute Weiterbildung“, so das Manifest. Noch sind die Beschäftigten in der Weiterbildung nicht so weit, wie ihre KollegInnen aus den Kindertagesstätten. Doch ihr Beispiel sollte Mut machen, konsequent für die eigenen Interessen einzutreten. Sonst bleibt es bei Dumpinglöhnen, befristeten Verträgen und Honorarsätzen im Bereich der Armutsgrenze.

Wir müssen feststellen: In der Weiterbildung in Zeiten der Krise und bevorstehender Wahlen überwiegen die negativen Aussichten, wenn wir die populäre Ausdrucksweise der aktuellen Börsenberichte mal benutzen dürfen.


Peter Schulz-Oberschelp


Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik, Freiberufler/Selbstständige, Berufliche Weiterbildung
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 05.08.2009