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Interview mit Bundesarbeitsminister Olaf Scholz

Olaf Scholz: „Mindestlöhne sind auch eine Frage der Moral.“

BBB-Info: Herr Minister, zunächst einmal Gratulation zu dem Erfolg beim Entsendegesetz! Sie waren von Anfang an optimistisch, erfolgreich zu sein und eine Einigung innerhalb der Koalition zustande zu bringen. Woher kam diese Zuversicht?

Minister Scholz: Ich hatte gute Argumente und diese haben sich durchgesetzt, selbst wenn der Weg dahin mitunter steinig war.

BBB-Info: Die Aufnahme der Weiterbildungsbranche in das Entsendegesetz war bis zum Schluss umstritten. Welche Erklärung haben Sie dafür?

Minister Scholz: Ich kann da nur spekulieren. Wer Mindestlöhne skeptisch sieht, tut sich mit jeder Branche schwer. Und natürlich hat die Abgrenzung der Branche Aus- und Weiterbildung im SGB II und SGB III-Bereich zu Nachfragen bei den Sozialpartnern geführt. Ich bin froh, dass die Branche jetzt im Arbeitnehmerentsendegesetz ist. Ende gut.

BBB-Info: Wie geht es jetzt im Verfahren weiter, wann wird welcher Tarifvertrag allgemeinverbindlich erklärt sein?

Minister Scholz: Sobald das Gesetz in Kraft getreten ist müssen die Tarifvertragsparteien einen Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung eines entsprechenden Tarifvertrages stellen. Anschließend wird das BMAS das Verfahren eröffnen. Darüber, wie lange das dauern wird, kann ich keine eindeutige Prognose abgeben. Das hängt auch von den Branchen selber ab.

BBB-Info: Bis zur Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages kann also einige Zeit ins Land gehen. Bis dahin werden noch zahlreiche Maßnahmen der BA ausgeschrieben werden. In einem Interview mit der Welt am Sonntag vom Dezember 2007 werden Sie mit dem Satz zitiert: „Wettbewerb darf nicht über Lohndumping stattfinden.“ Sehen Sie eine Möglichkeit, dem Dumpingprozess in der Weiterbildungsbranche schon jetzt Einhalt zu gebieten?

Minister Scholz: Lohndumping muss auch jetzt nicht sein. Mit einem Mindestlohn wird das künftig auch leichter durchzusetzen sein. Bis zur endgültigen Allgemeinverbindlicherklärung eines Mindestlohntarifvertrages dieser Branche müssen die Beteiligten mit den bestehenden Regeln auskommen.

BBB-Info: In demselben Interview äußern Sie die Überzeugung, dass der Mindestlohn kommt, und zwar für alle. Halten Sie den Mindestlohn nach wie vor für unverzichtbar? Und könnten Sie kurz den Grund skizzieren?

Minister Scholz: Anständige Löhne für anständige Arbeit gehören zu einer modernen, sozial ausgerichteten Marktwirtschaft. Jemand der arbeitet, muss mit seinem Einkommen auch seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Niemand darf am Wegesrand zurückbleiben. Mindestlöhne sind daher auch eine Frage der Moral. Wenn der Staat einen Schutzschirm für die Banken bereitstellt, muss er auch die Menschen schützen, die harte Arbeit leisten und trotzdem mit sehr wenig Geld zurechtkommen müssen.

BBB-Info: Wie sollen sich aus Ihrer Sicht die Hauptauftraggeber von arbeitsmarktlichen Dienstleistungen, die Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitsgemeinschaften, in Bezug auf das nun in Kürze in Kraft tretende Gesetz verhalten?

Minister Scholz: Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung werden sich an das Gesetz halten. Die wollen auch Qualität in der Weiterbildung, und das wird künftig besser funktionieren.


Quelle: Info-Brief Februar/März 2009 des Bundesverband der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband) e.V.

Sie können den vollständigen Infobrief hier als pdf-Datei herunterladen.


Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn, Arbeitnehmerentsendegesetz
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024