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Bildungspolitik

Ein Kompass für den Gipfel

Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich am 22. Oktober in Dresden mit den Ministerpräsidenten der Länder zum „Bildungsgipfel“ – Bildung als Chefsache. Aber die hochkarätige Runde muss sich daran messen lassen, was sie tatsächlich an konkreten Ergebnissen erzielt, um die ausgerufene „Bildungsrepublik Deutschland“ zu verwirklichen. Die Gewerkschaften wollen die Politik in die Pflicht nehmen – und eigene Konzepte im Vorfeld des „Gipfels“ präsentieren.

Zwei Tage vor dem Bildungsgipfel lädt der DGB deshalb am 20. Oktober unter dem Motto „Neue Bildung für das Land“ nach Berlin ein. Einen „DGB-Kompass zum Gipfel“ wollen die Gewerkschaften den Regierungschefs für Dresden an die Hand geben. Zur Veranstaltung hat der DGB auch VertreterInnen aus Wissenschaft, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen sowie Eltern- und Hochschulverbänden eingeladen. Denn die Gewerkschaften wollen sich im Vorfeld des Bildungsgipfels mit einem breiten Bündnis für mehr und bessere Bildung stark machen.

Und die lässt sich aus Sicht des DGB nur mit erheblichen Anstrengungen erreichen. Zu lange ist in der Bildungspolitik zu wenig geschehen. „Um seinem Namen gerecht zu werden, muss der Bildungsgipfel endlich konkrete und nachhaltige Ergebnisse bringen“, erklärt dazu die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock. „Das deutsche Bildungswesen ist von der frühkindlichen Erziehung bis zur Weiterbildung deutlich unterfinanziert. Da helfen keine warmen Worte, da helfen nur massive öffentliche Investitionen.“

Eine Forderung, die sich in konkreten Zahlen benennen lässt: Erst kürzlich hatten DGB, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Hans-Böckler-Stiftung (HBS) eine Studie zu den „Gesellschaftlichen Kosten eines zukunftsfähigen Bildungssystems“ vorgestellt. Demnach fehlen dem deutschen Bildungssystem jährlich fast 30 Milliarden Euro. Denn den politischen Lippenbekenntnissen seit dem ersten „PISA-Schock“ sind noch in kaum einem Bereich konsequente Maßnahmen gefolgt. Allein um zumindest jedem zweiten Schüler in Deutschland ein Ganztagsangebot garantieren zu können, müssten an deutschen Schulen über drei Millionen zusätzliche Plätze geschaffen werden – so ein Ergebnis der HBS-Studie. Das kostet.

DGB und Gewerkschaften wenden sich aber strikt dagegen, die notwendigen Finanzmittel für das Bildungssystem nach dem Motto „Privat statt Staat“ zu generieren. Denn dadurch würde die im internationalen Vergleich ohnehin zu starke soziale Auslese im Bildungswesen noch verschärft. „Bildung muss so gestaltet werden, dass jeder – unabhängig vom eigenen Geldbeutel – die gleichen Chancen und Möglichkeiten hat“, fordert Ingrid Sehrbrock „Bildung darf nicht zur Privatsache werden. Sie muss Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge bleiben.“

Auf der gewerkschaftlichen Tagung zur Bildungspolitik am 20. Oktober werden DGB und Gewerkschaften deshalb zehn Thesen zum Bildungsgipfel der Kanzlerin präsentieren – und dabei klar machen, dass die notwendigen Maßnahmen breit und umfassend angelegt sein müssen. Denn wer das Schlagwort des „lebenslangen Lernens“ tatsächlich ernst nimmt, muss alle Bildungsbereiche – von Kitas bis zur Weiterbildung – ausreichend ausstatten und strukturell fit für die Zukunft machen. Daran wollen DGB und Gewerkschaften mitwirken. Deswegen werden am 20. Oktober in einer prominent besetzten Talkrunde Gewerkschaftsvorsitzende und -vorstandsmitglieder gemeinsam diskutieren, welche Herausforderung es bedeutet, gleiche Bildungschancen für alle zu verwirklichen. Die Weichen dafür muss der Bildungsgipfel stellen.


Quelle: Einblick 17/2008

Sie können die vollständige Ausgabe des Einblick hier als pdf-Datei herunterladen.


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Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 03.10.2008