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Information für die Beschäftigten in der Weiterbildung

„Sehr geehrter Herr Bundespräsident,


der Bundesverband der Träger beruflicher Bildung (Bildungsverband) e.V. und der
Deutsche Volkshochschul-Verband e.V. veranstalten am 26.09.2008 den zweiten Deutschen Weiterbildungstag.

Wie im Jahr 2007 haben Sie die Schirmherrschaft übernommen. Wir möchten Ihr begrüßenswertes Engagement zum Anlass nehmen, Ihr Augenmerk auf die problematische Situation der Beschäftigten in der Weiterbildung zu legen!

Wir teilen Ihre vor der Jahrestagung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V. (BDI) am 23.06.2008 vorgetragene Skepsis:

“Experten sagen mir, wo die vierte Säule sein müsste, gibt es bisher nicht mehr als dünne Stützbalken.“
  • Weil das Baumaterial so knapp bemessen ist, sehen sich die in der Weiterbildung Beschäftigten mit besonderen Anforderungen, aber auch vielfach unerträglichen Belastungen konfrontiert! Bitte unterstützen Sie uns in unserem Engagement für qualifizierte Arbeit zu angemessenen Bedingungen. Qualität hat ihren Wert – auch für die Beschäftigten!

  • Bereits in Ihrer Berliner Rede "Bildung für alle" vom 21.09.2006 haben Sie gesagt:

  • “Wir brauchen angemessene Finanzmittel für alle Bereiche des Bildungswesens, denn unsere Bildungsausgaben sind insgesamt zu niedrig.“

Die vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) am 12.06.2008 vorgelegte Trendanalyse der Weiterbildung zeigt auf, dass durch den seit Jahren zu beobachtenden Rückzug der öffentlichen Hand aus der Finanzierung der Weiterbildung Wachstums-, Qualifikations- und Partizipationschancen eingeschränkt werden.

Der Bundesbildungsbericht 2008 enthält hierzu die folgenden Angaben: Die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) wurden zwischen 1999 und 2005 um 70 % gekürzt. Das war ein Rückgang von 7,8 Milliarden Euro auf 2,3 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 gingen sie weiter auf 1,6 Milliarden Euro zurück. Die Unternehmen haben im gleichen Zeitraum ihre Weiterbildungsbudgets um 1,7 Milliarden Euro oder 16 % gekürzt. Die Ausgaben der öffentlichen Haushalte für Weiterbildung (einschließlich Volkshochschulen) wurden zwischen 1999 und 2005 um 20% reduziert.


Natürlich wirken sich diese Rahmenbedingungen negativ auf die Arbeitsbeziehungen der in der Weiterbildung Beschäftigten aus!

In Ihrer Rede „Bildung für alle“ haben Sie auch die Arbeit der Pädagoginnen und Pädagogen gewürdigt: „Getragen wird die Arbeit in den Schulen von Menschen - vor allem von Lehrerinnen und Lehrern und den Schulleitern und Schulleiterinnen an der Spitze. Sie haben eine große Verantwortung - für die ihnen anvertrauten Jugendlichen und für unsere Gesellschaft insgesamt. Lehrer zu sein, das ist weit mehr als ein Job. … Engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die nicht aufgeben, die darauf brennen, jungen Menschen etwas beizubringen - das sind für mich Helden des Alltags.“

Wir können Ihnen berichten, dass auch in den Weiterbildungseinrichtungen tagein tagaus Ausbilderinnen und Ausbilder, Anleiterinnen und Anleiter, Meisterinnen und Meister, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen sowie andere Berufsgruppen engagiert und qualifiziert mit den teilnehmenden Jugendlichen und Erwachsenen – auch Rehabilitanden - arbeiten. Der Erfolg dieser Weiterbildungen, z.B. das Erreichen der Ausbildungsfähigkeit, der Erwerb von Sprachkenntnissen, das Ablegen einer Berufsabschlussprüfung, die Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt begründet sich zu einem sehr wesentlichen Teil in der Arbeit der Beschäftigten der Weiterbildungseinrichtungen.


Es wäre aus unserer Sicht deutlich angebracht, wenn Sie anlässlich des Tages der Weiterbildung 2008 auch einmal die Arbeit der in der Weiterbildung Tätigen würdigen würden!

Leider können die Beschäftigungsbedingungen in der Weiterbildung in weiten Teilen nicht akzeptiert werden. Wie die DIE - Trendanalyse dokumentiert, gibt es in der Weiterbildungsbranche 150.000 Honorarlehrerinnen und – lehrer, deren Einkommenssituation überwiegend problematisch ist. Dieser Personenkreis verfügt nur über semesterbezogene Werkverträge mit in der Regel niedrigen Honorarstundensätzen und muss hiervon auch noch die soziale Absicherung und die eigene Weiterbildung vollständig alleine bestreiten.

Nach den bekannten Daten sind infolge der Umsteuerung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik der BA seit 2003 über 40.000 Arbeitsplätze in der beruflichen Weiterbildung abgebaut worden. Die noch hier Tätigen arbeiten zu einem überproportional hohen Anteil in befristeten Arbeitsverhältnissen und erleben vielfach Arbeitszeitverlängerungen, Gehaltskürzungen und Arbeitsverdichtung. Die instabilen Arbeitsbeziehungen führen zu einer hohen Fluktuation. Wer die Chance auf eine Stelle mit besseren Perspektiven – auch außerhalb der Branche – sieht, wechselt in der Regel. Das mindert die Qualität der Angebote. In der allgemeinen und in der politischen Weiterbildung sieht die Situation noch besser auch, wenn auch die DIE - Trendanalyse 2008 einen leichten Rückgang der hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ergibt.

Unsere Organisation hat am 31.03.2008 mit der Zweckgemeinschaft des Bildungsverbandes einen Antrag auf Aufnahme eines Mindestlohn-Tarifvertrags Weiterbildung in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (ArbEntG) gestellt. Dadurch soll ein Mindeststandard für die Beschäftigungsbedingungen in der beruflichen Weiterbildung gesetzt werden. Der Mindestlohn in der Weiterbildung beträgt für pädagogisches Personal 12,28 € West bzw. 10,93 € Ost und bewegt sich in der Höhe des Mindestlohns für das Bauhauptgewerbe (12,50 € West, 9,80 € Ost), da pädagogische Mitarbeiter/innen mindestens über eine Facharbeiterqualifikation verfügen müssen. Durch diesen Mindestlohn soll die Konkurrenz der Träger wirklich über Qualität oder neue Konzeptionen und nicht wie jetzt über die Bezahlung des pädagogischen Personals laufen.

Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung dieser Initiative!

Vielen Dank für Ihr Interesse“.


Düsseldorf, den 27.06.08, Eine Veröffentlichung des ver.di - Landesbezirks NRW, Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung, Uwe Meyeringh

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Schlagworte zu diesem Beitrag: Mindestlohn, Volkshochschule
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 14.04.2009