Lebenslanges Lernen

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Auf dem richtigen Weg: FiBS zu aktuellen Trends der Weiterbildungsfinanzierung in Europa

Das Berliner Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) hat heute eine Synopse aktueller europäischer Trends bei der nachfrageorientierten Finanzierung von Weiterbildung vorgelegt, die im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstellt wurde. Der Blick ins europäische Ausland verdeutlicht den innovativen Ansatz, aber auch Chancen und Grenzen des deutschen Konzepts zum Bildungssparen, das die Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen und die Höherqualifizierung in Deutschland fördern soll. Die Erfahrungen mit den Modellen, die in anderen Ländern praktiziert werden, helfen zudem bei der geplanten Einführung der Finanzierungsinstrumente Weiterbildungsprämie, Darlehen und Entnahmeoption nach dem Vermögensbildungsgesetz.

Um der geringen Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland entgegen zu wirken, sind Anreize nötig, wenn Deutschland im internationalen Vergleich der Qualifizierungsmaßnahmen nicht noch weiter zurückfallen will. Die Partizipation an beruflichen Bildungsangeboten variiert nicht nur hinsichtlich Alter und Arbeitsplatz, sondern hängt auch von der Zahlungsbereitschaft für Bildung ab, die oft begrenzt ist. Die Effekte von Maßnahmen anderer Länder zeigen hier, dass Weiterbildung überall von Einzelpersonen, Staat und Unternehmen finanziert wird. Die finanziellen Anreize, wie sie hierzulande im 3-Säulen-Modell des FiBS kombiniert werden, können demnach die Bildungsbeteiligung der Erwerbstätigen erhöhen. Damit werden die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags konkretisiert.

Die Studie, die heute auch auf einer internationalen Konferenz des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Frankfurt/Main vorgestellt wird, zeigt aktuelle Förderinitiativen in Europa rund um die berufliche Weiterbildung auf. Gutscheine und individuelle Lernkonten, Ansparmodelle, Darlehen, Fondsmodelle und die steuerliche Anrechnung von Bildungsmaßnahmen werden in Europa unterschiedlich angewandt. Diese Instrumente sind je nach Land auf bestimmte Zielgruppen oder die Allgemeinheit ausgerichtet.

Individuelle Lernkonten und Gutscheine etwa können zur Teilnahme an Bildungsmaßnahmen mobilisieren, auch wenn sich vereinzelte Mitnahmeeffekte nicht ganz vermeiden lassen. Unter den NutzerInnen des Instruments ist der Anteil von Frauen überproportional. Auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen können, wie Beispiele aus England, Belgien und Italien zeigen, diese Modelle erfolgreich eingesetzt werden. Die Übersicht zeigt ferner, dass wichtige Rahmenbedingungen wie Information und Beratung sowie Qualitätssicherung zunehmend umgesetzt werden.

Zinsbegünstigte Darlehen für Individuen und Unternehmen finden sich etwa in Großbritannien und Österreich. Auch wenn die Zahl der NutzerInnen vergleichsweise gering erscheint, so sind sie doch eine wichtige Ergänzung zur Finanzierung von Qualifikationsmaßnahmen.
Ansparmodelle sind bisher noch wenig erprobt, scheinen aber auch wenig erfolgversprechend, wie etwa Erfahrungen mit geringen Nutzerzahlen in Österreich belegen. Die Finanzierungsbeträge sind meist nur gering und der Planungshorizont ist meist zu kurz, um größere Beträge anzusparen.
Vereinzelt genutzt wird der Steuerabzug für Weiterbildungsausgaben. Österreich erlaubt Unternehmen, ihre Ausgaben für Qualifizierung mit 120 Prozent für externe Maßnahmen anzusetzen. Auch Privatpersonen können ihre Kosten absetzen, wie dies auch in Deutschland möglich ist. Bei abhängig Beschäftigten wird dies hier allerdings erst wirksam, wenn der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 Euro insgesamt überschritten wird.

Das 3-Säulen-Modell zum Bildungssparen verknüpft damit drei international erfolgreiche Finanzierungsinstrumente. Mit der Weiterbildungsprämie sollen einkommensschwache Gruppen mobilisiert und diejenigen unterstützt werden, die durch die Einkommenssteuer nicht entlastet werden. Über die Entnahmemöglichkeit eigener Ansparungen im Rahmen des Vermögensbildungsgesetzes können Personen mit kleinem und mittlerem Einkommen ebenso ihre Weiterbildung finanzieren wie über das zinsgünstige Weiterbildungsdarlehen. Hierüber können neben den direkten Ausgaben für Bildungsmaßnahmen auch Lebenshaltungskosten finanziert werden.

»Deutschland kann jetzt aus den Fehlern und positiven Erfahrungen anderer Länder lernen,« ist sich der Direktor des Forschungsinstituts Dr. Dieter Dohmen sicher. »Die Studie zeigt, wie Finanzierungsinstrumente zielgenau konzipiert und umgesetzt werden und welche Rahmenbedingungen dafür nötig sind. Ganz wichtig sind dabei Information, Beratung und Evaluation bei der Einführung und weiteren Umsetzung des 3-Säulen-Modells.

Weiterbildung und Bildung insgesamt muss sexy werden. Finanzielle Anreize und Unterstützung sind dringend gefragt,« meint der erfahrene Bildungsökonom. »Doch sollte auch nicht vergessen werden, dass gerade Geringqualifizierte und Arbeitslose besonders unterstützungsbedürftig sind. Andere Länder wie etwa Großbritannien, entwickeln gezielte Konzepte zur Förderung und Qualifizierung dieser Zielgruppe. Unterstützung brauchen - auf der anderen Seite - auch kleine und mittelständische Unternehmen und zwar vor allem bei der Entwicklung und Umsetzung von innovativen Trainingskonzepten. Der konjunkturelle Aufschwung könnte diesen Menschen sinnvoll zugute kommen, die gerne wieder mehr an Leben und Arbeiten teilhaben wollen und die wir im demografischen Wandel dringend brauchen.«


Quelle: Pressemitteilung des FiBS vom 27.09.2007.

Die Kurzstudie »Aktuelle Trends der nachfrageorientierten Weiterbildungsfinanzierung in Europa - Eine Synopse« können Sie hier unter Forum Nr. 40 als pdf-Datei herunterladen .

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 28.09.2007