Förderung der beruflichen Weiterbildung

Zurück zur Übersicht

Übergang Schule - Beruf

Träger der Jugendsozialarbeit fordern ein abgestimmtes Konzept vor Ort

Gestaltung von „Jugendberufsagenturen“ – Impulse und Hinweise aus der Jugendsozialarbeit

Die Zusammenarbeit der Akteure am Übergang in den Beruf verbessern und junge Menschen stärken!


Mit diesem Papier möchte der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit die Diskussion um Rahmenbedingungen für eine verbesserte Zusammenarbeit im Kontext von „Jugendberufsagenturen“ anregen und Leitideen vorstellen.

Im Koalitionsvertrag wird angekündigt, „Jugendberufsagenturen“ flächendeckend auszubauen, um die Zusammenarbeit von Jugendhilfe, Grundsicherung und Arbeitsförderung so zu verbessern, dass junge Menschen auf dem Weg in den Beruf bessere Startchancen bekommen. Die Bundesregierung hat bislang noch kein Konzept zu diesem Ausbau oder eine Definition für „Jugendberufsagenturen“ formuliert.

Gute Erfahrungen mit gemeinsamen Anlaufstellen beim Übergang in den Beruf – die verschiedene Namen haben (etwa „Jugendberatungshaus“ oder „Jugend-Job-Center“) und auch unterschiedlich arbeiten – liegen in einigen Städten bereits seit Längerem vor, andere haben sich im Rahmen einer systematischeren Übergangsgestaltung gerade erst auf den Weg gemacht. In vielen Regionen ist ein deutliches Interesse daran erkennbar, Impulse zur verbesserten Kooperation der Akteure und zum Aufbau der „Jugendberufsagenturen“ aufzugreifen.


Leitideen

Die verbesserte Zusammenarbeit zwischen Arbeitsförderung, Grundsicherung für Arbeitsuchende und Jugendhilfe soll Jugendliche darin unterstützen, ihren Weg ins Berufsleben und Erwachsensein erfolgreich zu beschreiten. Die Integration junger Menschen in Ausbildung und Beruf ist dabei ein wichtiges, aber nicht alleiniges Ziel. Es muss auch darum gehen, dass möglichst alle Jugendlichen gut in ein selbstständiges Erwachsenenleben eintreten und z. B. in gesicherten Wohnverhältnissen leben können. Im Kern geht es um die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung sowie um die soziale und die berufliche Integration junger Menschen.

Jeder Akteur des jeweiligen Rechtskreises übernimmt eigene Aufgaben und steht vor der Herausforderung, diese arbeitsteilig und in guter Kooperation so umzusetzen, dass der/die Jugendliche eine zuverlässige Unterstützung erfährt. Dabei ist die Jugendhilfe als gleichberechtigter Partner an der Kooperation beteiligt – sie ist den Zielen und Vorgaben der Arbeitsförderung (SGB II, III) nicht nachgeordnet. Die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsförderung, Grundsicherung für Arbeitsuchende und Jugendhilfe muss so gestaltet sein, dass junge Menschen hiervon tatsächlich profitieren. Sie darf nicht nur dem reinen Zweck der Optimierung von Verwaltungsabläufen oder der Kompetenzklärung der Verwaltungen dienen. Die Optimierung der Zusammenarbeit muss sich daran messen lassen, ob die Beratungsprozesse im Ergebnis so aufeinander abgestimmt sind,
  • dass junge Menschen eine verlässliche Beratung am Übergang von der Schule in den Beruf erhalten: Junge Menschen müssen bei der Bewältigung des Übergangs individuelle Unterstützung bekommen, um eigene Entscheidungen zu treffen und Freiräume zu nutzen; ihre Kompetenzen, Fähigkeiten und Wünsche werden zum Ausgangspunkt des Unterstützungsprozesses. Der/die Jugendliche selbst ist das gestaltende Subjekt in diesem Prozess, dem/der Entwicklungs- und Entscheidungsspielräume zustehen.

  • dass es gelingt, junge Menschen zu fördern, die von bestehenden Angeboten bisher nicht erreicht wurden, und tatsächlich kein Jugendlicher mit Unterstützungsbedarf „verloren“ geht, weil Beratungs- oder Förderangebote nicht passen oder Schnittstellen an den Übergängen als Hürden wirken. Dafür müssen gemeinsame Förderangebote der Jobcenter/ Optionskommunen, Arbeitsagenturen und Jugendsozialarbeit mit intensiver sozialpädagogischer Ausstattung zur Verfügung stehen.

Diesen Zielen folgend, muss der Blickwinkel der Jugendhilfe stärker in die Gestaltung des Übergangs zwischen Schule und Beruf aufgenommen werden: Die Jugendhilfe bringt ihre spezifischen Erfahrungen und Erkenntnisse über Zugangsschwierigkeiten und Problemlagen von Jugendlichen, aber auch vielfältige Methoden zur Motivation und Kompetenzerweiterung junger Menschen ein.


1. Zielgruppen

Als inklusives Angebot spricht die „Jugendberufsagentur“ alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Lebensphase zwischen Schule und Beruf (bis zur beruflichen Einmündung) an, sofern sie hierbei Unterstützungsbedarf haben. Für Jugendliche mit einem hohen Förderbedarf stehen ein lebensweltorientiertes Beratungsangebot und bedarfsgerechte, rechtskreisübergreifende Förderleistungen zur Verfügung.


2. Kooperationspartner

Es geht (mindestens) um die Zusammenarbeit der Kerninstitutionen von Jobcenter/ Optionskommune, Agentur für Arbeit und Jugendamt sowie freien Trägern der Jugendhilfe. Eine enge Kooperation wird darüber hinaus mit dem Schulbereich (allgemeinbildende und berufsbildende Schulen) und allen weiteren Stellen angestrebt, die Hilfen für junge Menschen bereitstellen können.

Der öffentliche Träger der Jugendhilfe beteiligt die freien Träger der Jugendhilfe über die Einbindung in die Jugendhilfeplanung (AG nach § 78, Jugendhilfeausschuss, Erstellung eines Jugendförderplans). Eine fachspezifische AG Jugendsozialarbeit gem. § 78 SGB VIII sollte notwendige Förderangebote für diese Zielgruppe aus Sicht der Jugendhilfe entwickeln und als verbindliches Handlungskonzept in die gemeinsame Arbeit der „Jugendberufsagentur“ einbringen. Zudem muss die Arbeit der „Jugendberufsagentur“ durch einen Beirat oder eine Steuerungsgruppe begleitet werden – eine Mitwirkung der freien Träger der Jugendhilfe in diesem Gremium ist notwendig, um eine passgenaue, zielgruppenadäquate Bedarfsplanung, den Zugang zu schnellen Hilfen und das Wunsch- und Wahlrecht der jungen Menschen mit Förderbedarf zu sichern.


3. Festlegung und Umsetzung von gemeinsamen Zielen

Die soziale und berufliche Integration der jungen Menschen ist gemeinsame Basis der fachlichen Arbeit. Die Partner der „Jugendberufsagenturen“ verständigen sich auf dieser Basis gemeinsam vor Ort auf ihre konkreten Vorhaben und operationalisierten Ziele. Mögliche überprüfbare Ziele sind:
  • kontinuierliche Absenkung der Zahlen Jugendlicher ohne Berufsabschluss (z. B. um einen festen Prozentsatz innerhalb eines bestimmten Zeitraums),

  • Verringerung von Maßnahme- und Ausbildungsabbrüchen durch Weiterentwicklung der Beratungs- und Förderangebote und den Aufbau von Förderketten, Entwicklung von gemeinsam finanzierten Fördermaßnahmen,

  • Verringerung von Obdachlosigkeit von jungen Menschen in der Region, nachhaltige Unabhängigkeit von Transferleistungen und Verringerung der Verweildauer in Transferleistungen.

4. Eckpunkte der Zusammenarbeit
  • Die Zusammenarbeit erfolgt sowohl auf der Leitungsebene als auch auf der Ebene der Fachkräfte, denn die Wirkung einer guten Kooperation auf die jungen Menschen selbst hängt vor allem von der Qualität der Kooperation der Fachkräfte ab.

  • Die Fachkräfte müssen einen guten Überblick über die vorhandenen Beratungs- und Unterstützungsangebote sowie die Sozialraumstrukturen erhalten und in der Lage sein, diese für die Förderung der jungen Menschen zu nutzen.

  • Zur Erfüllung der hohen Anforderungen an eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit sowie an die Einbindung der regionalen Struktur in die Beratung und Förderung der jungen Menschen ist eine entsprechende Personalqualifizierung und Weiterbildung der Fachkräfte notwendig.

  • Es wird eine gemeinsame Anlaufstelle für junge Menschen und ihre Eltern sowie für Lehrer/-innen und Fachleute im Übergang Schule – Beruf geschaffen. Da dies im ländlichen Raum nur schwer zu realisieren ist, müssen adäquate alternative Umsetzungsmöglichkeiten für den ländlichen Raum entwickelt werden (beispielsweise mobile Formen bzw. virtuelle Konferenzen).

  • Es gibt ein abgestimmtes Beratungskonzept, das professionellen Ansprüchen (etwa eines sozialpädagogisch fundierten Case Managements) folgt. Das Konzept sieht gemeinsame, rechtskreisübergreifende Fallkonferenzen bzw. Fallübergaben vor.

  • Die Arbeitsweise der „Jugendberufsagentur“ beinhaltet sowohl eine Gehstruktur durch Unterstützung der Berufsorientierung und Berufsberatung an Schulen als auch eine Kommstruktur durch (jugendhilfeorientierte) Beratungsangebote an einem attraktiven, jugendgerechten Ort. Schon der Eingangsbereich der „Jugendberufsagenturen“ muss zielgruppengerecht gestaltet sein.

  • Es werden gemeinsam gestaltete und finanzierte Förderangebote entwickelt. Jeder Rechtskreis richtet hierfür ein Budget ein, um eine gemeinsame Finanzierung von Förderangeboten unkompliziert und zeitnah zu ermöglichen.

  • Durch die enge Zusammenarbeit der drei Rechtskreise besteht die Möglichkeit, Sanktionen für die Jugendlichen zu vermeiden, indem bereits frühzeitig den Gründen für das Handeln der Jugendlichen (Abbrüche, Fehlzeiten etc.) nachgegangen wird und gemeinsam Alternativen entwickelt werden.

  • Bei rechtskreisübergreifend finanzierten Förderangeboten sollen vorrangig freie Träger der Jugendhilfe Berücksichtigung finden, die regional verankert und bei den Zielgruppen akzeptiert sind.

  • Für Jugendliche, die ansonsten nicht erreicht werden, gilt es, aufsuchende Hilfen einzurichten, die von Trägern der Jugendsozialarbeit geleistet werden.

5. Notwendige Initiativen und Handlungsschritte

Die Bundesregierung
  • entwickelt – vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrages – in Abstimmung mit Ländern, Kommunalen Spitzenverbänden und den auf Bundesebene vertretenen freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe konzeptionelle Eckpunkte für die Etablierung der „Jugendberufsagenturen“. Ausgangspunkt dafür ist die gesetzliche Verpflichtung aller drei Rechtskreise zur rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit.

  • regt die gemeinsame Finanzierung von Förderangeboten an und zeigt in Abstimmung mit der Bundesagentur für Arbeit, den Bundesländern und den Kommunalen Spitzenverbänden geeignete Finanzierungsmöglichkeiten zur gemeinsamen Leistungserbringung auf (z. B. durch Einrichtung von Budgets für rechtskreisübergreifende gemeinsame Förderangebote für chancenarme Jugendliche), sodass die Förderung vor Ort unkompliziert umgesetzt werden kann.

  • unterstützt den Ausbau der Zusammenarbeit und der Förderangebote
    mit einer besseren Finanzausstattung für Verwaltung und Eingliederungsleistungen
    in der Arbeitsförderung (SGB II und III).

Darüber hinaus setzt sie die bereits angekündigte Ausbildungsgarantie möglichst zügig um. Die verbesserte Zusammenarbeit der Rechtskreise braucht als Basis echte Chancen auf Berufsausbildung für alle jungen Menschen.

Die Bundesagentur für Arbeit ist gefordert, dazu beizutragen, die Berufsberatung der Arbeitsagenturen und das Fallmanagement im Jobcenter/in den zugelassenen kommunalen Trägern (zkT) noch stärker an den Bedürfnissen von Jugendlichen mit hohem Unterstützungsbedarf auszurichten und in rechtskreisübergreifenden Fallkonferenzen einzubringen. Sie verstärkt ihr Engagement durch die Bereitstellung von gemeinsam mit der Jugendhilfe entwickelten und finanzierten Förderangeboten.

Die Einrichtung von „Jugendberufsagenturen“ braucht den Ausbau und die Beteiligung der Jugendsozialarbeit: Die Kommunen sind gefordert, ihre Angebote flächendeckend auszubauen. Die Jugendhilfe steuert so Angebote einer regional verankerten Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII) bei, damit junge Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf die benötigten Hilfen bekommen. Sie bringt in die „Jugendberufsagenturen“ vor allem niedrigschwellige Beratungsangebote, aufsuchende Ansätze und die Beteiligung an rechtskreisübergreifenden Förderangeboten ein. Weitere Unterstützungsformen für den Ausbau von Jugendsozialarbeit vor Ort – wie durch das geplante ESF-Bundesprogramm „JUGEND STÄRKEN im Quartier“ – müssen in den Aufbau von „Jugendberufsagenturen“ vor Ort fachlich/inhaltlich eingebunden werden, damit keine Parallelstrukturen entstehen. Die freien Träger der Jugendhilfe bringen ihre Erfahrungen in der Konzeption niedrigschwelliger Angebote sowie bzgl. der vielfältigen Lebenslagen von jungen Menschen in die Entwicklung der „Jugendberufsagenturen“ ein.


6. Auftrag zur Initiative

Nach Erfahrungen aus mittlerweile 141 Arbeitsbündnissen „Jugend und Beruf“ kommt in vielen Fällen die zusätzlich notwendige Schubkraft für eine verbesserte Kooperation von der Bundesagentur für Arbeit. Sie muss ihre Möglichkeiten nutzen, die örtlichen Arbeitsagenturen und Jobcenter zu der notwendigen Fokussierung auf die Zielgruppe „Jugendliche“ anzuhalten, differenzierte Konzepte für viele in der Praxis auftretende Aspekte der Kooperation bereitzustellen und Ressourcen zu bündeln. Dies muss auch in Agenturbezirken möglich sein, in denen zugelassene kommunale Träger (zkT) die Umsetzung des SGB II verantworten.

Kommunen haben selbst oft das größte Interesse am Aufbau einer „Jugendberufsagentur“. Sie sind im Rahmen ihrer Verantwortung für das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen auf der Suche nach Möglichkeiten, junge Menschen „aufzufangen“, die von den Angeboten des SGB II bzw. III nicht erfasst oder hiervon nicht erreicht werden. Kommunen, die bereits über eine gut ausgestattete Jugendsozialarbeit verfügen bzw. Kommunen, die durch Bundes- oder Landesprogramme zusätzliche Ressourcen erhalten, sollten treibende Kraft für den Aufbau sowie koordinierende Stelle für die Aktivitäten der „Jugendberufsagenturen“ sein.

Quelle: Eckpunktepapier des „Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit“
Berlin, Juni 2014


Schlagworte zu diesem Beitrag: Ausbildung, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.07.2014

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 19.03.2024