Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Bilanz 2005:

Blick zurück im Zorn

Die Bilanz der SGB-geförderten Weiterbildung fällt für 2005 ähnlich negativ aus wie in den Vorjahren. Erneut wurde das Volumen drastisch reduziert. Die nackten Fakten spiegeln die Dimensionen wider: Lag die Zahl der Teilnehmerplätze in der zweiten Hälfte der 90er Jahre noch bei über 400.000, so sank sie ab dem Jahr 2000 unter 350.000. Im vergangenen Jahr wurde ein dramatischer Tiefpunkt erreicht: Deutlich weniger als 100.000 Plätze der geförderten Weiterbildung standen zur Verfügung. Auch die gestiegene Zahl von Trainingsmaßnahmen hat hier keinesfalls einen Ausgleich bringen können – zumal ihr Charakter sich deutlich von Qualifizierungskursen unterscheidet.

Bei den Maßnahmen für Jugendliche ist das Bild zunächst anders. Hier ist die Zahl der Teilnehmerplätze einigermaßen stabil geblieben. Allerdings traf eine andere Entwicklung diese Träger genauso wie die Veranstalter anderer SGB-finanzierter Kurse: der drastische Preisverfall. Das inzwischen erreichte Niveau war bisher unvorstellbar. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Maßnahmen wie im Jugendbereich über die legendären Regionalen Einkaufszentren der Bundesagentur für Arbeit (REZ) nach einem zentralen Ausschreibungsverfahren vergeben werden oder die Veranstalter über Bildungsgutscheine abrechnen.

Schließlich ist noch eine dritte Entwicklung zu beobachten: Längere, auf einen Abschluss bezogene Weiterbildungen wurden beinahe vollständig eingestellt. Stattdessen dominieren kürzere, teilweise extrem kurze Maßnahmen von nur wenigen Wochen. Die Qualifizierungsziele sind dabei zweifelhaft.

Die entscheidende Entwicklung 2005 waren die Neuerungen im Sozialgesetzbuch II (SGB II) infolge von Hartz 4. Neue Institutionen sind entstanden. In den meisten Orten gibt es jetzt eine so genannte ARGE – Arbeitsgemeinschaft von Kommune und Bundesagentur für Arbeit (BA). Die ARGEn haben die Aufgabe, für die von ihnen betreuten Arbeitslosengeld-2-EmpfängerInnen (ALG-2) eine eigene Arbeitsmarktpolitik aufzubauen. Zwar waren sie mit eigenen und vom Volumen her akzeptablen Mitteln ausgestattet, doch sie kamen nur mühsam in Gang. Zum einen lag das an internen Problemen der ARGEn, zum anderen aber auch an den so genannten Ein-Euro-Jobs, die in einigen Kommunen als das zentrale, beinahe einzige arbeitsmarktpolitische Instrument eingesetzt wurden. So blieben Qualifizierungsmaßnahmen die Ausnahme und auf einen Abschluss bezogene längere Maßnahmen die absolute Ausnahme. Dabei sind allerdings beträchtliche regionale Unterschiede festzustellen.

Den Bildungsträgern blieb in der Regel nichts anderes übrig, als sich ebenfalls auf dieses Marktsegment zu stürzen. So wurden sie vielfach zu Konkurrenten der Beschäftigungsträger. Nicht zuletzt dadurch kam es auch hier zu einem brachialen Wettbewerb mit enormem Preisdruck.

Auch wenn sich die ARGEn im zweiten Halbjahr Schritt für Schritt um arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für die ALG 2-EmpfängerInnen gekümmert haben, blieb die Gesamtzahl der Teilnehmerplätze weit unter der Zahl der Vorjahre zurück. Das wird schon daran deutlich, dass die Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft wurden. Es ist nicht auszuschließen, dass bei der Endabrechnung für 2005 herauskommt, dass sogar nur 30 bis 40 Prozent abgerufen wurden.

Bei alledem ist es nicht verwunderlich, dass sich die Situation der Beschäftigten bei den Trägern weiter verschlechtert hat. Einerseits ging der Personalabbau unverändert weiter, zum anderen nahm der Druck auf die Gehälter weiter zu. Teilweise musste mit Notlagentarifverträgen darauf reagiert werden.

Wer neu eingestellt wird, hat fast in jedem Fall einen befristeten Arbeitsvertrag, der oft nur wenige Monate Laufzeit hat. Das Lohnniveau ist katastrophal und liegt oft 20 bis 50 Prozent unter den Gehältern früherer Jahre. In Einzelfällen erreicht es sogar nicht einmal die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns für das Baugewerbe.

Parallel dazu haben sich die Arbeitsbedingungen drastisch verschlechtert. Viele Beschäftigte und Betriebsräte berichten von enormen Belastungen, die ihre persönliche Grenze überschreiten.

Roland Kohsiek

Quelle: Weiterbildung aktuell, 1/2006, Informationen des Bereichs Weiterbildung des Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung in ver.di.

Sie können die vollständige Ausgabe von Weiterbildung aktuell hier als pdf-Datei herunterladen.


Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.2006

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 29.03.2024