Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Förderung der beruflichen Weiterbildung mit Mitteln des Europäischen Sozialfond (ESF) stark rückläufig

Bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung aus Mitteln des ESF handelt es sich im Kern um ein zielgruppenorientiertes Programm zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitslosen und von Arbeitslosigkeit bedrohter Personen. Es ergänzt die gesetzliche Arbeitsförderung in den Bereichen der beruflichen Weiterbildung und Trainingsmaßnahmen, in der Existenzgründungsförderung und bei Kurzarbeit bei endgültigem Wegfall der Arbeitsplätze. Das Wirkungspotenzial der gesetzlichen Leistungen bei beruflicher Weiterbildung soll durch ergänzende Leistungen und Maßnahmebausteine gesteigert werden.

Das ESF-Programm der BA ergänzt das SGB III von Beginn an insbesondere durch die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Personen, die nach dem Gesetz aufgrund fehlender Vorbeschäftigungszeiten (mit Beitragszahlungen zur Arbeitslosenversicherung) keinen Anspruch auf eine Leistung zum Lebensunterhalt während der Teilnahme haben. Da ehemalige SozialhilfeempfängerInnen inzwischen Anspruch auf ALG II haben, können sie nicht mehr gefördert werden. Lediglich Frauen, die in den Beruf zurück kehren möchten und keinen Anspruch auf ALG II haben, haben seit 2005 die Möglichkeit einer Förderung mit ESF-Mitteln.

Faktisch hat dies vermutlich zur Folge, dass die Förderung der beruflichen Weiterbildung mit dem SGB III ihren Charakter als ein arbeitsmarktpolitisches Instrument verliert, welches auch arbeitsmarktschwächere Gruppen einbezieht („Problemgruppen“) und strukturpolitischen Zielen dient (nachhaltige Unterstützung beruflicher Flexibilität durch vorausschauende Qualifizierung). Berufliche Weiterbildung soll - wenn überhaupt - vorrangig als Hilfe zur möglichst schnellen Vermittlung in Arbeit eingesetzt werden. Ob darüber hinaus bestehende Ziele etwa im Sinne des § 1 SGB III unter diesen Umständen realisiert werden können, kann bezweifelt werden.

Deeke beschreibt im ersten Teil seiner Arbeit ausführlich und gut verständlich die Änderung der arbeitsmarktpolitischen Ausrichtung der BA und der „Hartz“-Gesetze. Die Verknüpfung der Förderung der beruflichen Weiterbildung mit ESF-Mitteln durch die BA an die allgemeine Arbeitsmarktpolitik der BA führt zum Wegfall dieser Fördermöglichkeit. Die ESF-Mitteln setzten bei besondere Zielgruppen an, die ohne entsprechende Qualifikation kaum oder keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Genau diese Zielgruppen erfüllen nicht die neuen Kriterien der BA für eine Förderung der beruflichen Weiterbildung. Indirekter Effekt der gesetzlichen und geschäftspolitischen Neuausrichtung der beruflichen Weiterbildung ist deshalb eine Ausgrenzung schwer vermittelbarer Arbeitsloser (z. B. Ältere, bildungsferne Langzeitarbeitslose, gering Qualifizierte). Die vom ESF bisher unterstützte differenzierte Ausrichtung der Weiterbildung für solche arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen geht verloren. Genau auf diese Gruppen zielte jedoch die ESF-finanzierte sozialpädagogische Betreuung.

In der Förderpraxis hat das erhebliche Auswirkungen. Nahmen 2000 noch 36755 Erwerbslose an Qualifizierungsmaßnahmen der BA teil, die mit ESF-Mitteln gefördert wurden, sind es 2004 gerade noch 5507. Deeke geht davon aus, dass es ESF-geförderte Zugänge in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nur noch in Einzelfällen geben wird. Aus dem vorrangig auf die ergänzende Förderung der Qualifizierung arbeitsloser Zielgruppen ausgerichteten Programm ist ein Programm geworden, mit dem überwiegend die Existenzgründung zuvor Arbeitsloser mit einem begleitenden Coaching im ersten Jahr nach Gründung gefördert wird. Der Umfang der ESF-BA-Förderung der Qualifizierung Arbeitsloser ist dagegen mittlerweile zur quantitativen Bedeutungslosigkeit geschrumpft.

Der Wandel des Programms kann nicht als Ergebnis einer zielorientierten Steuerung interpretiert werden. Vielmehr hatten die gesetzlichen Änderungen der Arbeitsförderung nach dem SGB III bis hin zur Einführung des SGB II und die damit verbundene geschäftspolitische Konzentration der BA auf eine möglichst kostengünstige Förderung der Arbeitslosen im Leistungsbezug der Arbeitslosenversicherung (Verkürzung der Dauer des Kundenkontakts) zur Folge, dass mit den ESF-Mittel nicht mehr wie anfänglich vorgesehen an die Individualförderung des SGB III angeknüpft werden konnte. Die strategische Ausrichtung der gesetzlichen Arbeitsförderung hat sich von der Zielgruppenausrichtung des ESF gelöst und als entscheidendes Hemmnis für eine zielgerichtete Steuerung zur Umsetzung des ESF-BA-Programms erwiesen. Für benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt verschwindet eine weitere Möglichkeit, berufliche Weiterbildung durch die BA gefördert zu bekommen.

Sie können die gesamte Studie als IAB-Forschungsbericht Nr. 26/2005 auf der Homepage des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung als pdf-Datei herunterladen.

Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.2006

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024