Förderung der beruflichen Weiterbildung

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Thesenpapier zu den Auswirkungen der Hartz-Gesetze auf die Aus- und Weiterbildung nach dem SGB III

Das Thesenpapier des Arbeitskreises der Betriebsräte überregionaler Weiterbildungsträger:

  1. Sowohl Bundesrechnungshof als auch die interne Revision der Bundesagentur für Arbeit (BA) haben festgestellt, dass die Bildungszielplanung nicht nach arbeitsmarktpolitischen Vorgaben, sondern lediglich nach finanzpolitischen Erwägungen stattfindet. Noch bis in den Februar 2005 hatte z. B. in Sachsen-Anhalt lediglich die Agentur Dessau 200 Bildungsgutscheine im Internet in einer Bildungszielplanung (BZP) veröffentlicht. Alle anderen Agenturen in SachsenAnhalt hatte keine BZP veröffentlicht. Der Trend im Bundesgebiet sieht ähnlich aus. In seinem Schreiben an Ursula Engelen-Kefer und Peter Clever sagt der Wirtschaftsminister Clement zu, dass in solchen Fällen die Rechtsaufsicht einzusetzen hätte. Auf diese Worte müssen Taten folgen. Es muss eine Bildungszielplanung geben, die mit den regionalen Akteuren des Arbeitsmarktes abgesprochen wird.
  2. Der Trend zu kurzen und wenigen Tage dauernden Maßnahmen sollte gestoppt werden. Verbleibsstudien (z.B. „Lesson learned“ des IAB) belegen die hohen Integrationserfolge von längerfristigen Qualifikationsmaßnahmen. In Zukunft sollte hierbei analog zu den Qualifizierungsbausteinen in der Berufsvorbereitung ein bundesweites System von modularisierten Inhalten für Fortbildungen entwickelt werden, die jeweils individuell auch zu Umschulungsmaßnahmen kombiniert werden können.

  3. Die Logik des Aussteuerungsbetrags nach Hartz IV führt zu weniger Aktivitäten der Arbeitsverwaltung. Nach den internen Unterlagen 19/2005 und 58/2005 werden die schwächsten Arbeitslosen, die sogenannten „Betreuungskunden“, keine Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik (außer ABM) erhalten. Dies widerspricht allen Gesetzesbegründungen und allen Beteuerungen seit dem Job-Aktiv-Gesetz. Im Gegensatz zu allen anderen Gesetzen, die sich mit Bildung befassen, ist dieser Weg der BA nicht diskriminierungsfrei! Die Anrechnung von Aufwendungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf den Aussteuerungsbetrag ist daher die erste Forderung. Diskriminierungsfreiheit beim Handeln der BA die Zweite!

  4. Die Zulassung von Sub-Unternehmertum bei Ausschreibungen in bestimmten Maßnahmearten (Trainingsmaßnahmen (§ 48), Vermittlungsmaßnahmen (§37)) führt dazu, dass (auch fachfremde) Unternehmen mit Dumpingpreisen auf dem Markt agieren und nach erfolgtem Zuschlag dies zu einem reduzierten Preis (Minus 10-20%) an eingesessene Träger weitergeben. Diese Differenz bleibt als Gewinn bei dem Dumping-Unternehmen, ohne dass es einen Handschlag getan hat. Eine fatale Entwicklung. Die Dumping-Unternehmen bieten zum Teil unter 0,99 € je Teilnehmerstunde an. Vergleicht man den Teilnehmerstundensatz öffentlicher Schulen im Primar- und Sekundarbereich, mit 6,-- € bis 9,-- € mit diesen Kalkulationen, so ist klar, dass damit keine, aber wirklich keine Qualität zu erreichen ist. Dieser Mitteleinsatz ist verpulvert, kein Bildungsanbieter kann zu diesen Kostensätzen hochwertige, und damit effiziente Qualifizierung anbieten. Die Evaluierung dieses Handelns der BA sollte umgehend, und durch unabhängige Gutachter, erfolgen.

  5. Die generelle Ausschreibungspraxis untergräbt Qualitätsstandards, wie sie in der Vergangenheit insbesondere in der Erstausbildung (Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen: BaE, ausbildungsbegleitende Hilfen: abH) durch Runderlasse (z.B. 50/99) der Bundesagentur sichergestellt wurden. Nach dem Erlass 50/99 mussten Träger vor Beantragung der Maßnahme nachweisen, dass sie über geeignete Räume und geeignetes Personal verfügen. In der aktuellen Ausschreibungsrunde 2005 müssen die Träger lediglich ein Konzept einreichen. Das Personal und die Räume müssen sie erst sechs Wochen vor Maßnahmebeginn gesondert nachweisen. Dies können sie dann bei den unterlegenen Trägern abwerben. Im Interesse der Beitragszahler und des Steuerzahlers muss diesem unseriösen, allen Qualitätsstandards spottendem Tun, ein Ende bereitet werden.

  6. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) und die Bundesagentur für Arbeit (BA) sollen einen „Branchentarifvertrag“ als Qualitätsstandart in den Ausschreibungen zulassen, bzw. erklären, dass bei der Berechnung und Überprüfung der Auskömmlichkeit von Maßnahmepreisen ein derartiger Tarifvertrag angewendet wird. Die Erklärung, dass ein solcher Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist, wäre weitaus wirkungsvoller.

  7. Es ist notwendig, die Weiterbildung in bestehende Bildungssysteme zu integrieren. Nur ein kohärentes Bildungssystem, angefangen bei den Kindergärten, über die allgemein bildenden Schulen, den Universitäten und Fachhochschulen, dem dualen Bildungssystem und danach gestaffelt, den Weiterbildungsnotwendigkeiten der Bevölkerung bis zur Erreichung des Ruhestandes ist in der Lage, die Anforderungen der Zukunft, auch unter Berücksichtigung der demographischen Entwicklung, zu meistern. Die Weichen dazu muss der Gesetzgeber jetzt stellen.

    Berlin, den 28.05.2005
    Helmuth M. Kramer GBR-Vorsitzender Berufsfortbildungswerk (bfw/DGB)
    Ulrich Kreutzberg VHS-Bildungswerk in Sachsen-Anhalt GmbH

    Verweise zu diesem Artikel:
    Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.2006

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 19.03.2024