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Berufsbegleitende Weiterbildung - Welchen Chancen werden für berufstätige Frauen geschaffen?

Frage 6: Wie müssen die Rahmenbedingungen sein, damit mehr Frauen (mit Kindern, Alleinerziehende) an berufsbegleitender Weiterbildung teilnehmen können?

Um die Teilnahme von Frauen (mit Kindern, Alleinerziehende, auch Pflegende) an berufsbegleitender Weiterbildung wirkungsvoll zu unterstützen, sind sowohl die Rahmenbedingungen der konkreten Weiterbildungsangebote zu betrachten, als auch die grundlegenden Rahmenbedingungen, unter denen das Leben mit Kindern organisiert werden muss.
Gelebte Arbeitskultur beinhaltet in der Regel auch heute noch, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie insbesondere von Frauen geleistet werden muss. Das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit bildet somit die Grundlage für eine gleichberechtigte Partizipation im privaten und öffentlichen Leben. Familienfreundliche Personalpolitik in den Betrieben, eine gleiche Vergütung für dieselbe Arbeit, sowie ein flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung, der die sogenannten Randzeiten mit einbezieht, sind wichtige Säulen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine höhere Weiterbildungsbeteiligung.

Familienfreundliche Personalpolitik umfasst nicht nur die Umsetzung geeigneter Mo-delle zu Arbeitszeit und Arbeitsorganisation. Sie impliziert z.B. auch die selbstverständliche Förderung von betrieblicher Weiterbildung bei Teilzeitbeschäftigten. Voll-ständige Abkoppelungen vom Betrieb während Erwerbsunterbrechungen wegen Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen erschweren die Rückkehr in die Betriebe. Die Teilnahme an Weiterbildung auch während der Erziehungs- und Pflegezeiten er-leichtert den Wiedereinstieg und bindet Frauen an die Unternehmen. Frauen sollen ermutigt werden, auch während dieser „Auszeiten“ an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Gerade im Zuge der sich rasch wandelnden Arbeitswelt ist fortlaufen-de Weiterbildung notwendig, um jederzeit den Anschluss an das Erwerbsleben zu behalten.

Damit Frauen Weiterbildungsangebote verstärkt wahrnehmen können und wollen, sollten bereits bei der Konzipierung der Weiterbildungsangebote die Bedarfe von Frauen einbezogen werden. Genderkompetenz der Weiterbildungsverantwortlichen ist erforderlich, damit sich Frauen und Männer bereits in der Bewerbung des Angebots angesprochen fühlen und sich ein gendersensibler Blick auf die Lebenswelten beider Geschlechter auch in der Durchführung der Weiterbildung niederschlägt.

Darüber hinaus ist eine größtmögliche Flexibilisierung der Kursangebote notwendig, damit individuelle Lebenslagen von Frauen berücksichtigt werden können. Hierzu zählen z.B. eine Strukturierung von Kursen in mehrere einzeln buchbare Module, Weiterbildungsangebote in Teilzeit oder die flexible Gestaltung von Weiterbildungsorten und -zeiten wie es z.B. Unterrichtsformen wie E-Learning oder Blended Learning ermöglichen.

Auch die Möglichkeiten der Finanzierung von Weiterbildung beeinflusst die Weiterbildungsbeteiligung von Frauen. Beschäftigte müssen, wenn sie in eigener Verantwortung eine berufliche Weiterbildung anstreben, in der Regel die direkten und indirekten Kosten wie Kurs- und Prüfungsgebühren selbst tragen. Die Möglichkeiten der anteiligen finanziellen Fördermittel wurden unter der Frage 4 dargestellt. Es zeigt sich, dass Gutscheinprogramme und Stipendien sehr gerne von Frauen in Anspruch genommen werden und ein Anreiz sein können, an Weiterbildung teilzunehmen.


Frage 7: Welche öffentlich geförderten (und dem Senat darüber hinaus bekannten) beruflichen Weiterbildungen werden in Teilzeit und an Wochenenden angeboten?

Die Weiterbildungsdatenbank der Bundesagentur für Arbeit „KURSNET“ weist für Bremen ein berufliches Qualifizierungsangebot mit über 2.500 Maßnahmen in Teilzeit (in der Regel morgens an Werktagen) aus. Die Qualifizierungsinhalte decken alle gängigen, am Arbeitsmarkt abgefragten Kompetenzen ab. Diese zertifizierten Bildungsmaßnahmen können über den Bildungsgutschein finanziert werden und wen-den sich daher in erster Linie an Arbeitslose. Ggf. ist auch eine Förderung für Erwerbstätige über das Instrument Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen (WeGeBau) möglich.
Daneben halten die im Land ansässigen Weiterbildungsdienstleister zahlreiche Ange-bote vor, die Interessierte außerhalb ihrer Arbeitszeit, auch an Wochenenden, besuchen können. „KURSNET“ weist z.B. 20 Aufstiegsfortbildungen als Wochenendveranstaltungen aus. Diese Angebote ermöglichen es, Kurspläne nach individuellen Kriterien zusammenzustellen, sodass auch Teilzeitaspekte zum Tragen kommen können.

Die Weiterbildungsinteressierten müssen allerdings in der Regel die dafür notwendigen finanziellen Mittel selber aufbringen und können ggf. Teilförderungen im Rahmen der unter Frage 4 beschriebenen Förderinstrumente in Anspruch nehmen. Viele Weiterbildungsträger bieten eine Förderberatung an.

Ein explizites Angebot von beruflichen Qualifizierungen in Teilzeit und/oder an Wochenenden wird momentan in der Förderung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds nicht ausdrücklich verfolgt. Die zurzeit geförderten Qualifizierungskonzepte werden aber zunehmend modularisiert, sodass sie auch in kleineren Abschnitten mit zeitlichen Unterbrechungen, absolviert werden können. Da durch die Mitarbeitendenqualifizierung auch die beteiligten Unternehmen gewinnen, wird im Rahmen der ESF-Förderung von ihnen die Bereitschaft erwartet, dass die Qualifizierung zum überwiegenden Teil während der Arbeitszeit stattfindet.


Frage 8: Welche Aktivitäten unternimmt der Senat begleitend, um die Weiterbildungsbeteiligung von Frauen im Land Bremen allgemein zu steigern und welche weiteren Maßnahmen wären möglich?

Der Senat verfolgt in allen Förderbereichen des Beschäftigungspolitischen Aktions-programms (BAP) systematisch die Beteiligung von Frauen als Querschnittsziel. So sollen z.B. in den öffentlich geförderten Projekten zur berufsbegleitenden Qualifizierung Frauen einen Anteil von 55% der Teilnehmenden stellen. Ob dieses Ziel erreicht wird, ist aus heutiger Sicht noch nicht absehbar, da die momentan geförderten Projekte zum Teil bis in das Jahr 2019 hinein laufen. Gegebenenfalls sind in 2018/2019 neue Anläufe zur Realisierung der Quote notwendig. Da die Bereitschaft von Frauen zur Teilnahme an beruflichen Weiterbildungen sehr hoch ist, werden bei den weiteren zukünftigen Überlegungen insbesondere die betrieblichen Strategien zur Personal-entwicklung zu berücksichtigen sein.

Ergänzend zur Förderung von berufsbegleitenden Qualifizierungsmaßnahmen unter-stützt der Senat die Beteiligung von Frauen an Weiterbildung mit dem Landespro-gramm „Weiter mit Bildung und Beratung“. Dieses Angebot umfasst eine trägerneutrale Weiterbildungsberatung, die Hinführung zum Berufsabschluss über eine Externen-prüfung und eine Beratung und Begleitung von Personen mit im Ausland erworbenen Berufs- und Schulabschlüssen. Das Programm, welches zu allen Fragen der beruflichen Qualifizierung und zu konkreten Weiterbildungsmöglichkeiten berät, hat eine Beteiligungsquote von Frauen in Höhe von 60%.

Neben dem Landesprogramm werden weitere zielgruppenspezifische arbeitsmarktorientierte Beratungsprojekte wie z.B. die Frauenberatungsstellen in Bremen und Bremerhaven gefördert. Diese Beratungsstellen haben einen niedrigschwelligen Zugang und beraten verschiedene Zielgruppen mit dem Ziel, sie bei der Ermittlung und Realisierung von Weiterbildungsbedarfen zu unterstützen.
Die Förderung von alleinerziehenden Frauen ist ein gesonderter Schwerpunkt, hierzu wird noch in diesem Jahr jeweils ein Modellprojekt in Bremen-Nord und in Tenever implementiert werden.


Frage 9: Sieht der Senat die Möglichkeit für mehr Bereitschaft in den Unternehmen zu werben, die MitarbeiterInnen weiterzubilden und so auch dem Fachkräftebedarf zu begegnen?

Mit dem Landesprogramm „Weiter mit Bildung und Beratung“ ist der Senator für Wirtschaft, Arbeit und Häfen 2013 gestartet, um die Weiterbildungsbeteiligung im Land zu erhöhen und einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten. Dabei ist nicht nur eine unabhängige leicht zugängliche Beratungsstelle für alle Bürgerinnen und Bürger ein-gerichtet worden, sondern es sind als eine besondere Zielgruppe auch die kleinen Unternehmen in Bremen und Bremerhaven in den Blick genommen worden.

Bei der Ansprache der Betriebe hat sich gezeigt, dass die Förderung von Weiterbildungsaktivitäten durch den „Bremer Weiterbildungsscheck“ nicht nur den Impuls geben konnte, Qualifizierungspläne schneller umzusetzen oder auch mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weiterzubilden. Häufig fungierte die Scheckförderung auch als eine Art „Türöffner“, um sich beraten zu lassen, wie mit dem Thema Weiterbildung im Betrieb systematischer umgegangen und damit auch gezielt ein Beitrag zur Sicherung des Know-Hows und zur Wettbewerbsfähigkeit geleistet werden kann.

Darüber hinaus bleibt abzuwarten, inwieweit die gesetzten Ziele, z. B. ein Frauenanteil von 55% bei den berufsbegleitenden Qualifizierungen, in den aktuell geförderten Projekten erreicht wird. Sollte sich hier zeigen, dass zur Zielerreichung noch weitere Anstrengungen notwendig sind, wird 2018/ 2019 insbesondere bei den betrieblichen Strategien zur Personalentwicklung anzusetzen sein.


Quelle: Drucksache 19/1153 der Bremischen Bürgerschaft vom 25. Juli 2017


Die vollständige Antwort des Senats zur Kleinen Anfrage der SPD-Fraktion kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden.


Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Betriebliche Weiterbildung, Bildungsgutschein
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 01.08.2017

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024