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Anforderungen an eine Arbeitsversicherung

Weiterbildungsbeteiligung

Die bildungs- und wirtschaftspolitische Aktivierungsrhetorik rund um das Lebenslange Lernen ist gescheitert. Das macht auch der Bundesbildungsbericht 2012 deutlich. Zudem seien die Kostenlasten in den letzten zehn Jahren vom Staat und den Betrieben auf die Menschen verschoben worden.

Was kann getan werden, um die Weiterbildungsbeteiligung wirklich zu erhöhen? Zunächst einmal müssten Programme an den „subjektiven und sozialen Ist-Zuständen“ der Menschen anknüpfen und deutlich größere finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen. Wenn die Diskussion um eine Arbeitsversicherung dazu führen würde, „eine nachhaltige Verankerung einer Weiterbildungsstruktur anzustoßen, wäre eine positive Zäsur in der Weiterbildungspolitik eingeleitet“, so die AutorInnen. Die in Programmen aufgelegten Förderinstrumente hätten bislang keine nachhaltige Basis und glichen mehr einem „Weiterbildungs-Sisyphos“. Der immer gleiche Stein rolle vom Berg und müsste neu angeschoben werden, wenn das Projekt ausgelaufen sei.

Es müsse feste Weiterbildungsrechte geben. Diese Rechte müssten stärker als bisher die subjektiven Einschätzungen der Lebensqualität im Zusammenhang mit den Risiken der Erwerbstätigkeit verbinden. Weiterbildungswünsche nach einem Berufswechsel etwa müssten leichter realisierbar sein. Der Forderung nach Weiterbildungspflichten hingegen erteilen die AutorInnen eine klare Absage. Da, wo sie gegenwärtig bestehen (etwa bei den Ärzten), führten sie nicht zu mehr Weiterbildung. Die betroffenen Institutionen übten sich vielmehr in „kreativen“ Formen der Umgehung der Pflicht. Weiterbildungsaktivitäten seien nun einmal „subjektiv begründet, nicht erzwingbar und emotional durchzogen“.

Eine besondere Bedeutung komme in der Diskussion den „Professionen und Institutionen“ zu. In Bildungsprozessen hätten die handelnden Personen und Räume eine zentrale Bedeutung. Profession dürfe jedoch nicht mit Modellen der Qualitätskontrolle verwechselt werden, die sich in den letzten Jahren in der Weiterbildungsbranche verbreitet hätten. Diese seien abgeleitet von einer Logik der industriellen Produktion und bewerteten die Professionalität der Lehrenden lediglich als Unterkategorie von zu dokumentierenden Prozessbeschreibungen. Bisher gebe es „keinerlei fundierten empirischen Nachweis dafür, dass die ganzen Qualitätszertifizierungen zu einer realen Verbesserung des Lehrens und Lernens geführt hätten“.

Die Weiterbildungsträger benötigten eine nachhaltige Finanzierung, um eine nachhaltige Infrastruktur von Beratungs- und Bildungseinrichtungen sicherzustellen. Programm und Projektförderungen reichten da nicht aus. Die Weiterbildung benötige professionelles Personal, das ermittelte Weiterbildungsbedarfe in Weiterbildungsangebote umwandle und auch erfolgreich durchführen könne.

„Es ist insgesamt den Institutionen zu ermöglichen, qualifiziertes Personal einzustellen und weiterzubilden sowie es entsprechend seiner Qualifikation und Arbeitsleistung zu entlohnen. Wenn bei Sprachkursen für Ausländerinnen und Ausländer Mindestlohngrenzen von 15 Euro Brutto für Lehrkräfte diskutiert werden, zeigt dies eklatant den realen Stellenwert und die (geringe) Wertschätzung von Weiterbildung in Deutschland auf. Angesichts dieser finanziellen Unterausstattung ist es umso erstaunlicher, was Weiterbildungseinrichtungen und das Weiterbildungspersonal – welches oft selbst zum Prekariat zu zählen ist – trotzdem bislang leisten können. Was wäre hier erst an Leistung möglich, wenn die Professionalisierung des Personals bildungspolitisch wieder in den Blick käme und verstärkt verfolgt würde?“

Die Arbeitsversicherung könnte hier als Instrument der „Angebotsförderung“ in der Weiterbildung tätig werden. Damit könnten bildungsferne Gruppen erreicht und mit innovativen Bildungsangeboten unterstützt werden. Allein mit nachfrageorientierten Modellen wie den Bildungsgutscheinen wird es nicht vorangehen. Sie förderten eben nicht die Chancengleichheit der Individuen und die Qualität von Weiterbildungsangeboten. Sie stärkten nur die bekannte selektive Nutzung der Bildungsangebote durch bereits bildungsnahe Gruppen.

„Es gilt Strukturen des lebenslangen Lernens jenseits von Sonntagsrhetorik und maximal mittelfristigen Projekt-/Programmhorizonten zu schaffen.“


Sie können die Broschüre zur Weiterbildungsbeteiligung hier als pdf-Datei herunterladen.

Schlagworte zu diesem Beitrag: Lebenslanges Lernen, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 09.07.2013