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Zukunft der Träger nach der Reform der Arbeitsmarktinstrumente

Vorbemerkung der Fragesteller

Ergänzend zu der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/6046 „Hintergründe der Reform der Arbeitsmarktinstrumente“ und weiteren Stellungnahmen ergeben sich insbesondere zur Problematik der Trägerzulassung weitere Fragen.


Vorbemerkung der Bundesregierung

In der Wirtschaft haben sich Qualitätsmanagementverfahren und Zertifizierungen zur Sicherung der Qualität von Dienstleistungen bewährt, da dies nach außen als Qualitätsnachweis dient und im Wettbewerb einen Gewinn darstellt. Eine Zertifizierung oder Zulassung durch neutrale Stellen ruft höheres Vertrauen hervor als eine Selbsterklärung des Anbieters. Daher wird mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (Bundestagsdrucksache 17/6277) das in der Arbeitsmarktpolitik seit mehreren Jahren erfolgreich bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung praktizierte Zertifizierungs- bzw. Zulassungsverfahren weiterentwickelt und auf alle Träger und alle Gutscheinmaßnahmen angewendet. In der Vergangenheit entstanden Qualitätsprobleme bei Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung teilweise dadurch, dass Anbieter die im Vergabeverfahren in Aussicht gestellte Leistung nicht erbringen konnten. Unzufriedene Teilnehmer und wirkungslose Ausgaben waren die Folge. Mit dem Zulassungsverfahren soll die Qualität der arbeitsmarktlichen Dienstleistungen und damit die Leistungsfähigkeit und Effizienz des arbeitsmarktpolitischen Fördersystems nachhaltig verbessert werden. Die Interessen der Träger werden dabei in angemessenem Rahmen berücksichtigt.


Frage 1. Für welche Maßnahmen der Arbeitsförderung und der beruflichen Bildung wird eine Trägerzulassung notwendig?

Antwort der Bundesregierung

Künftig bedürfen alle Träger, die Maßnahmen der Arbeitsförderung im Rechtskreis SGB III (SGB III = Drittes Buch Sozialgesetzbuch) durchführen, einer Trägerzulassung. Diese wird damit auch Voraussetzung für die Teilnahme an Vergabeverfahren.


Frage 2. Wird auch für die Durchführung von Arbeitsgelegenheiten, besonders von solchen mit Qualifikationsanteil, eine Trägerzulassung notwendig?

Wenn ja, woraus ergibt sich dies?

Antwort der Bundesregierung

Im Rechtskreis SGB II ist eine (Träger-)Zulassung grundsätzlich dann erforderlich, wenn Maßnahmen der Arbeitsförderung über § 16 SGB II durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass für die Durchführung von Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II-GE keine Trägerzulassung nach § 178 SGB III-GE erforderlich ist. Die bisher zum Teil im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten mitgeförderten Maßnahmen zur Stabilisierung und Unterstützung sowie Qualifizierungsmaßnahmen können künftig auf Basis der hierfür vorgesehenen Instrumente, insbesondere § 45 SGB III-GE, gefördert werden. Soweit diese Instrumente eine Zulassung von Trägern vorsehen, gilt dies auch dann, wenn die Teilnehmer an dieser Maßnahme gleichzeitig an einer Maßnahme der öffentlich geförderten Beschäftigung teilnehmen. Damit wird sichergestellt, dass Qualifizierungsmaßnahmen, mit denen eine öffentlich geförderte Beschäftigung begleitet bzw. unterstützt wird, den gleichen Standards unterliegen wie Maßnahmen, die unabhängig von öffentlich geförderter Beschäftigung durchgeführt werden.


Frage 3. Große Arbeitsmarktdienstleister besitzen in der Regel Trägerzulassungen. Kleine Einrichtungen, die nur regional arbeiten, sind oft noch nicht zertifiziert. Wie viele Träger sind aufgrund der vorgesehenen neuen Regelungen gezwungen, sich von einer fachkundigen Stelle zertifizieren zu lassen?

Antwort der Bundesregierung

Im Herbst 2010 verfügten über 5 400 Träger über eine Zulassung (Stand: 28. September 2010). Über die Größenordnung der Träger liegen keine Informationen vor. Viele dieser Träger bieten neben Bildungsmaßnahmen auch andere Arbeitsmarktdienstleistungen an. Für diese ändert sich also nichts. Wie viele Träger darüber hinaus eine (Träger-)Zulassung beantragen werden, kann nicht verlässlich vorausgesagt werden.


Frage 4. Welche Maßnahmen sind seitens des zuständigen Bundesministeriums vorgesehen, um zu verhindern, dass es eine Marktbereinigung zu Ungunsten kleiner regionaler Träger gibt?

Antwort der Bundesregierung

Ziel des Zulassungsverfahrens ist, die Qualität von Arbeitsmarktdienstleistungen zu verbessern. Dieses Ziel gilt für alle Träger unabhängig von ihrer Größe. Eine Marktbereinigung zu Ungunsten guter kleiner Träger ist nicht gewollt. Daher wurde das bisher bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung praktizierte Zertifizierungs- bzw. Zulassungsverfahren weiterentwickelt und hinsichtlich des Prüfaufwands vereinfacht. Insbesondere wird die Gültigkeit der Zulassung von bislang drei auf künftig fünf Jahre verlängert. Außerdem müssen die fachkundigen Stellen künftig die Kalkulation ihrer Preise für die Prüfung von Trägern und Maßnahmen in einem transparenten Verfahren ermitteln. Damit soll zum einen erreicht werden, dass insbesondere bei kleineren Trägern der geringere Prüfaufwand bei der Kostenberechnung berücksichtigt wird. Die Kosten für die Zulassung sollen dadurch verringert werden. Außerdem kann die vorgeschaltete Trägerzulassung auch dem Nachweis der Trägereignung im Vergabeverfahren dienen, wodurch sich das Verfassen von Bieterangeboten deutlich vereinfacht.


Frage 5. Wie hoch sind derzeit die Kosten für die Trägerzulassung?

Antwort der Bundesregierung

Die Zulassung von Trägern und Maßnahmen erfolgt – wie bisher im Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung – durch fachkundige Stellen, die in den Formen des Privatrechts als unabhängige Sachverständige handeln. Mit der Akkreditierung der fachkundigen Stellen ist keine Übertragung von hoheitlichen Aufgaben (Beleihung) auf diese verbunden. Die von den fachkundigen Stellen geforderten Preise sind im Rahmen des Privatrechts grundsätzlich frei verhandelbar. Zudem sind die Kosten für das Zulassungsverfahren abhängig vom Prüfumfang, insbesondere von der Trägergröße und dem Vorhandensein eines Systems zur Sicherung der Qualität. Die Höhe der Kosten für eine Trägerzulassung kann daher nicht verlässlich angegeben werden.

Antwort der Bundesregierung

Frage 6. Die Kosten für die Trägerzulassung sowie für die jährlichen Wiederholungsaudits stellen besonders kleine Träger vor große wirtschaftliche Probleme. Ist künftig eine finanzielle Unterstützung von kleinen Trägern zur Finanzierung der Zulassungskosten geplant, und wenn ja, in welcher Höhe, und wenn nein, warum nicht?


Eine finanzielle Unterstützung von Trägern zur Finanzierung der Zulassungskosten ist nicht beabsichtigt und auch nicht notwendig, da die Interessen der Träger angemessen berücksichtigt werden. Insbesondere müssen die fachkundigen Stellen künftig über ein transparentes und dokumentiertes Verfahren zur Ermittlung und Abrechnung des Aufwands der Prüfung von Trägern und Maßnahmen verfügen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.


Frage 7. Welche Übergangsfristen sind für die neuen gesetzlichen Regelungen zur Trägerzulassung, angesichts dessen, dass der geforderte Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems in der Regel Jahre in Anspruch nimmt, geplant?

Antwort der Bundesregierung

Für Träger ist eine Zulassung bis einschließlich 31. Dezember 2012 nicht erforderlich. Diese Übergangsfrist ermöglicht es allen Anbietern von Arbeitsmarktdienstleistungen, sich auf die neue Rechtslage einzustellen und rechtzeitig eine Zulassung zu beantragen und zu erhalten. Da die Einlösung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach § 45 Absatz 4 Satz 3 Nummer 1 SGB III oder eines Bildungsgutscheins nach § 81 SGB III zwingend voraussetzt, dass der Träger und die Maßnahme zugelassen sind, gilt diese Übergangsregelung nicht für diese Form der Maßnahmedurchführung.


Frage 8. Der Prüfdienst der Bundesagentur für Arbeit hat in der Vergangenheit von der Arbeitsagentur finanzierte Maßnahmen bei Trägern mit und ohne Trägerzulassung geprüft. Wie unterscheiden sich die Prüfungsergebnisse?

Frage 9. Wie viele Beanstandungen wurden bei Maßnahmen, die von zertifizierten Trägern umgesetzt wurden, in den Jahren seit 2005 festgestellt, und wie viele Beanstandungen wurden bei nicht zertifizierten Trägern in den gleichen Jahren festgestellt?

Antwort der Bundesregierung

Die Fragen 8 und 9 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Der Prüfdienst Arbeitsmarktdienstleistungen (AMDL) prüft die Umsetzungs- und Durchführungsqualität unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Zielsetzungen der Maßnahmen. Häufig sind Träger sowohl im Bereich der zugelassenen Maßnahmen als auch anderer, z. B. im Wege des Vergaberechts übernommener Maßnahmen tätig, so dass eine Analyse der Prüfergebnisse nach zugelassenen und nicht zugelassenen Trägern nicht möglich ist.


Frage 10. Bisher haben positive Ergebnisse bei Qualitätsprüfungen keinen Einfluss auf das Vergabeverfahren. Ist dies für die Zukunft geplant, und wenn nein, warum nicht?

Antwort der Bundesregierung

Im Rahmen des geltenden Vergaberechts kann das Ziel, positive Ergebnisse bei Qualitätsprüfungen und Erfolge bisheriger Maßnahmen besser zu berücksichtigen, nur auf der Ebene der Eignungsprüfung abgebildet werden. Dabei kann es ausschließlich ein Ergebnis geben: Geeignet oder nicht geeignet. Eine Bewertung der Art „mehr oder besser geeignet“ ist nicht möglich. Über diesen Weg wird der erfolgreiche und bereits vernetzte Träger nicht zusätzlich mit Bonuspunkten versehen. Der Träger mit geringen Integrationserfolgen und deutlichen Mängeln in der Zusammenarbeit kann aber ggf. als ungeeignet aus dem Vergabeverfahren genommen werden.

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2010 eine Änderung des § 4 Absatz 4 Vergabeverordnung (in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009) vorgeschlagen. Danach sollte die Möglichkeit geschaffen werden, bei der Vergabe von sogenannten nachrangigen Dienstleistungen des Anhanges I B der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) stark ausführungsbezogene Eignungsaspekte an Stelle der eigentlichen Eignungsprüfung in der Wertung berücksichtigen zu können. Der Rechtsetzungsspielraum außerhalb des EU-Vergaberegimes sollte hier genutzt werden.

Dieser Vorschlag der Bundesregierung zur Berücksichtigung von stark ausführungsbezogenen Eignungsaspekten als Anwendungsmaßgabe für die Verweisungsvorschrift für nachrangige Dienstleistungen wurde im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung abgelehnt. Daher konnte dieser Vorschlag bei der letzten Änderung der Vergabeverordnung nicht berücksichtigt werden.

Die Bundesregierung verfolgt weiterhin das Ziel, eine Änderung des Vergaberechts zu erreichen, die es zulässt, im Rahmen der Bewertung von Angeboten insbesondere auch qualitätsbezogene Aspekte, wie etwa nachgewiesene Integrationserfolge eines Anbieters in der Vergangenheit, zu berücksichtigen.


Quelle: Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Bundestagsdrucksache 17/6721


Schlagworte zu diesem Beitrag: Berufliche Weiterbildung, Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 13.08.2011