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Entlastung der Kommunen teuer erkauft

Die Gewerbesteuer bleibt - Aufatmen bei den Kommunen, Ärger bei schwarz-gelb, Wut beim Bundesverband der deutschen Industrie (BDI): Der FDP gelang es nicht, ihr Klientel von dieser Abgabe zu befreien und Bundesfinanzminister Schäuble scheiterte mit seinem Vorstoß, über Zuschläge auf die Einkommensteuer auch die Bürger etwa öffentliche Schwimmbäder mitfinanzieren zu lassen. Und der BDI beklagt, dass Mieten und Zinsen nicht aus der Berechnungsgrundlage für die Gewerbesteuer herausgenommen wurden. In der Gemeindefinanzkommission, die seit über einem Jahr nach Lösungen rang, setzten sich schließlich die Kommunen durch.

Zudem erhalten sie vom Bund von 2012 bis 2015 insgesamt 12,3 Mrd. Euro als Ausgleich für die Kosten der Grundsicherung im Alter. Ein Deal im Zuge der Verhandlungen über die Hartz IV-Sätze und das Bildungspaket. So erhöht der Bund 2012 und 2013 seine Beteiligung an den Kosten für die Ruheständler, die nicht allein über die Runden kommen und übernimmt sie ab 2014 vollständig.

So bitter nötig die finanzielle Entlastung der notleidenden Kommunen auch ist (s. Abb.) – sie ist teuer erkauft: Zur Gegenfinanzierung wird der Bund im gleichen Umfang ausgerechnet bei der Arbeitsförderung sparen. Ein Verschiebebahnhof zu Gunsten der Steuerzahler und zu Lasten der Beitrag zahlenden Arbeitnehmer und Betriebe. Und natürlich zum Nachteil der Arbeitslosen, die dringend Unterstützung brauchen. Gerade angesichts des vielbeschworenen Fachkräftemangels kommt es darauf an, über sinnvolle Maßnahmen wie Qualifizierungsprogramme etc. alle Potenziale zu heben. Die Kürzungsarie bei der Arbeitsförderung wird auch zum Bumerang für die Kommunen: Die Teilnehmerzahlen an Arbeitsmarktprogrammen der BA sind bereits in diesem Jahr um rund ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr rückläufig. Die Folgen: höhere Arbeitslosenzahlen und Kosten für alle öffentlichen Haushalte. Zudem droht Bildungseinrichtungen und Trägern die Insolvenz, den dort Beschäftigten die Arbeitslosigkeit.

Wie also kann man Kommunen sinnvoll entlasten? Sie brauchen neue Einnahmen aus einer verbesserten Gewerbesteuer – der Gemeindewirtschaftssteuer. Es ist nicht einzusehen, warum Handwerker zur Kasse gebeten, Freiberufler wie Ärzte oder Anwälte aber geschont werden. Es ist nicht zu vermitteln, warum etwa eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft keinen Beitrag zum kommunalen Gemeinwesen leistet, obwohl auch sie von der Infrastruktur profitiert. Da Freiberufler die Steuer von ihrer Einkommensteuer abziehen können, ist dies eine Umverteilung von Steueraufkommen hin zu den Kommunen. Bund und Länder könnten ihre Steuerausfälle kompensieren, indem sie mehr Betriebsprüfer einsetzen und den Steuervollzug endlich ernster nehmen.


Quelle: Klartext 23/2011, DGB-Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik




Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 17.06.2011

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 19.03.2024