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Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verstärkt die Förderung der beruflichen Weiterbildung

Für die ersten 4 Monate 2009 weist die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) im Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung im Durchschnitt 172.941 TeilnehmerInnen aus. Gegenüber dem Wert von 2008 ist das eine Steigerung von 21,5 %, da waren es lediglich 142.298 TeilnehmerInnen. Der Trend zu kurzfristigen Maßnahmen ist weiter ungebrochen. So zählt die Statistik in den ersten 4 Monaten bereits 181.896 Neuzugänge. Damit liegt die Zahl der Neuzugänge bereits nach 4 Monaten über den durchschnittlichen Bestandszahlen. Auch in der Krise wird nicht versucht, mit längerfristigen berufsqualifizierenden Maßnahmen Chancen auf dem Arbeitsmarkt nach der Krise zu schaffen.


Wie lange die BA versuchen wird, mit kurzfristigen Anpassungsqualifikationen in der Wirtschaftskrise Vermittlungserfolge erzielen zu können, muss abgewartet werden. Zwei Tendenzen lassen sich aber bereits erkennen. Einerseits bleibt die BA ihrer Linie treu und versucht, die Förderung der beruflichen Weiterbildung lediglich als kurzfristiges Eingliederungsinstrument in den ersten Arbeitsmarkt zu nutzen. Zum anderen scheint der Druck auf die BA zugenommen zu haben, verstärkt in die berufliche Weiterbildung zu investieren. Auf Dauer muss diese Doppelstrategie, insbesondere in der Wirtschaftskrise, Schiffbruch erleiden. Wenn keine Job’s zur Verfügung stehen, nutzen kurzfristige Weiterbildungsmaßnahmen nur zur Kosmetik der Arbeitslosenstatistik.


Trend zu kurzfristigen Anpassungsqualifikationen ist ungebrochen

Eigentlich müsste die BA die Krise als Chance ergreifen und wieder vermehrt in berufsqualifizierende Maßnahmen investieren. Doch dazu fehlt offensichtlich das Geld. Wer aufgrund fehlender beruflicher Qualifikationen jetzt eine Ausbildung beginnen würde, könnte 2011 auf einen wieder nach Fachkräften suchenden Arbeitsmarkt treffen und gute Chancen haben, dauerhaft eine Beschäftigung zu finden.


Doch die BA versucht weiter, mit kurzfristigen Maßnahmen eine schnelle Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen. Was in Zeiten des Booms funktionieren kann, wird in der Wirtschaftskrise nicht funktionieren. Doch bereits nach 4 Monaten übertrifft die Zahl der Neueintritte die durchschnittliche Teilnehmerzahl. Damit beträgt die durchschnittliche Maßnahmedauer weiter 4 Monate. Zu kurz, um dauerhaft zu qualifizieren. Aber auch zu kurz, um die Arbeitslosenstatistik dauerhaft zu entlasten.


Chaos, Zahlentricks oder der tägliche Kampf mit der Statistik

Im Zuge der Wirtschaftskrise wurden der BA durch die Bundesregierung kurzfristig weitere Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung zugewiesen. Darauf war die Statistikabteilung der BA offensichtlich nicht vorbereitet. Wer die Statistiken vergleicht, erhält gegenwärtig drei voneinander abweichende Teilnehmerzahlen bei der beruflichen Weiterbildung.


Wer die Daten des „Arbeitsmarkt in Zahlen“ nimmt, bekommt als Teilnehmerzahl im Monat April 181.896 ausgewiesen. Diese Zahlen weichen von den Werten derselben Datenreihe vom März 2008 deutlich ab. Da waren für den März 2009 161.105 TeilnehmerInnen ausgewiesen, im April sind für den März 2009 plötzlich 178.405 TeilnehmerInnen verzeichnet. In einer Fußnote im März 2009 heißt es da: „Ab Mai 2008 sind die Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung aus technischen Gründen unterzeichnet.“ Allerdings hat die BA in der Statistik nur die Werte für Januar bis März 2009 geändert. Im April fehlt diese Fußnote, ohne dass die Werte für 2008 korrigiert worden wären.

Wer sich völlig verwirren lassen möchte, dem sei die Statistik „Ausgewählte arbeitsmarktpolitische Instrumente – Zeitreihen“ zur Lektüre empfohlen. Dort fehlt der Bereich der Förderung der beruflichen Weiterbildung. Stattdessen heißt es plötzlich „Berufliche Weiterbildung (einschließlich behinderter Menschen)“. Hier wird es richtig spannend. Wer die Bestandszahlen der Teilnehmer an der beruflichen Weiterbildung aus den Tabellen für den Bereich SGB II und SGB III addiert (in der Grafik unter Summe), kommt zusammen auf 204.667 TeilnehmerInnen. Das sind immerhin 12,5 % TeilnehmerInnen mehr, wie in der anderen Statistik der BA vermerkt sind. Auch hier erläutert eine Fußnote das Problem: „Daten zur Rehabilitation sind derzeit nicht trennscharf berichtsfähig.“ Soll heißen, unter beruflicher Weiterbildung befinden sich TeilnehmerInnen an Rehamaßnahmen und an FbW-Maßnahmen. Entweder erklärt sich die Differenz beider Zahlen dadurch, dass in der alten FbW-Tabelle keine Reha-Fälle einbezogen werden. Dann wäre eine Trennung beider Datenbestände möglich. Oder die Trennung ist nicht möglich, dann erklärt sich die Differenz nicht.

Aber die BA kann noch mehr und die Sache wirklich spannend machen. Es gibt auch eine kumulierte Tabelle für TeilnehmerInnen an der beruflichen Weiterbildung in SGB II und III. Wer jetzt vermutet hätte, die ergäbe sich einfach aus der Addition der beiden vorherigen Tabellen, hat die Kreativität der Statistikabteilung der BA unterschätzt. Denn die dritte Tabelle fast alle Förderungen zusammen, im Amtsdeutsch „mit Förderinformationen der zkT“. Die Tabelle zur Förderung beim SGB II war „ohne Förderinformationen der zkT“. Klar, dass es da einen Unterschied geben muss. Jetzt gibt es plötzlich 214.340 Teilnehmer in der beruflichen Weiterbildung. Ach ja, zkT heißt „zugelassene kommunale Träger“. Und in der Fußnote heißt es: „Im November 2008 erfolgte eine Umstellung der seit November 2005 über XSozial-BA-SGB II gelieferten Förderdaten auf einen neuen Softwarestand. Daher können Differenzen zu den bereits veröffentlichten Daten auftreten.“ Die Behauptung lässt sich jedoch schlecht kontrollieren. Denn die BA bietet nur die aktuelle Ausgabe vom April 2009 zum download an, die anderen alten Datensätze stehen für einen download nicht zur Verfügung.

Die Zahl der TeilnehmerInnen im Bereich der beruflichen Weiterbildung liegen demnach irgendwo zwischen 160.000 und 214.000, mal mit und ohne Reha-Fälle, mal mit und ohne Optionskommunen. Gegenüber 2008 ist die Förderung der beruflichen Weiterbildung angestiegen. Wie stark sie angestiegen ist, bleibt im Unklaren.


Ausgaben bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung im SGB III

Die Steigerung der Förderzahlen spiegelt sich auch bei den Ausgaben der BA in diesem Bereich wider. Mit 224 Millionen Euro im ersten Quartal 2009 überstiegen die Ausgaben erstmals wieder den Wert des ersten Quartals 2005 (212 Millionen). Im ersten Quartal 2005 waren durchschnittlich 124.311 TeilnehmerInnen in Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, im gleichen Zeitraum 2009 waren es nach der Statistik 169.956 oder 36,7 % mehr. Sollten die Daten zutreffen, dann würden 4 Jahre nach Änderung der Förderpraxis der BA in der beruflichen Weiterbildung mit dem fast gleichen Geld über 35 % mehr Förderungen durchgeführt werden. Oder anders ausgedrückt, die Preise im Bereich der beruflichen Weiterbildung wären teilnehmerbezogen um über 1/3 gesenkt worden.

Da in der beruflichen Weiterbildung üblicherweise 2/3 der Kosten auf das Personal entfallen, heißt das: Entweder die Träger haben alle Ausgaben für Mieten, Raumkosten, Verwaltung und so weiter auf 0 Euro gedrückt (oder 1/3 der Kosten eingespart), oder ein massives Lohndumping bei ihrem Personal betrieben haben. Da niemand die Mieten auf 0 drücken kann, geht die Kosteneinsparung zu Lasten des pädagogischen Personals.



Sonderprogramme der BA in der beruflichen Weiterbildung

Im Verlauf der Wirtschaftskrise ist die Bundesregierung auf die Idee gekommen, mit Mitteln im Rahmen der beruflichen Weiterbildung zumindest die Folgen der Wirtschaftskrise bei den Beschäftigten abzumildern. Im Quartalsbericht 1/2009 der BA liest sich das so:

„Nach Aufstockung des Eingliederungstitels durch den Nachtragshaushalt um insgesamt 810 Mill. EUR stehen 2009 insgesamt 4,48 Mrd. EUR zur Verfügung. Nach Abzug der in das Verwaltungskapitel übertragenen Mittel von 250 Mill. EUR zur Finanzierung der Beschäftigung von zusätzlichen Kräften mit befristetem Arbeitsvertrag in verschiedenen Einsatzbereichen der Agenturen für Arbeit verbleiben 4,23 Mrd. EUR, davon 3,76 Mrd. EUR für die verschiedenen wirkungsorientiert geplanten Förderinstrumente des Eingliederungstitels, 70 Mill. EUR für das Sonderprogramm „Präventive Sondermaßnahmen für Jugendliche“ und 400 Mill. EUR für das „WeGebAU-Programm“ (Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen).

Bis Ende März haben die Agenturen für Arbeit 767 Mill. EUR verausgabt und insgesamt 2,48 Mrd. EUR durch Förderentscheidungen gebunden. Das für das erste Quartal vorgesehene Ausgabevolumen wurde um 265 Mill. EUR (25,7 %) unterschritten. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass die Erhöhung des Gesamtbudgets des Eingliederungstitels um fast ein Viertel erst im Monat März wirksam wurde. Damit bestand objektiv noch keine ausreichende Möglichkeit, die Erhöhung noch im ersten Quartal wirtschaftlich und zielgerichtet umzusetzen. Das anteilige Budget ohne die Erhöhung aus dem Nachtragshaushalt wurde zu 92 % genutzt.

Derzeit finden in den Arbeitsagenturen die Nachplanungen auf der Grundlage der erhöhten Haushaltsmittel statt. Unter den besonderen Bedingungen im Krisenjahr 2009 muss die BA schnell auf die aktuellen Entwicklungen reagieren. Dabei wird an der Steuerung über Ziele und Zielvereinbarungen und an der Orientierung nach Wirkung und Wirtschaftlichkeit festgehalten.“



Im Jugendprogramm konnten im ersten Quartal mit 7 Millionen Euro gerade einmal 10 % der veranschlagten Mittel genutzt werden, im WeGebAU-Programm waren es immerhin 63 Millionen Euro. Ob die genehmigten Mittel wirklich genutzt werden, bleibt abzuwarten.


Fazit

Es ist schwierig, in der gegenwärtigen Lage einen Ausblick zu wagen. Eine Voraussetzung dafür wäre, über gesicherte statistische Daten über die Entwicklung zu verfügen. Aber hier herrscht bei der BA eher das Chaos vor. Die Aussage, auch in der jetzigen Situation an der „Steuerung über Ziele und Zielvereinbarungen und an der Orientierung nach Wirkung und Wirtschaftlichkeit“ festhalten zu wollen, lässt zumindest nichts Gutes erahnen. Denn genau diese Politik hat zum Niedergang der Förderung der beruflichen Weiterbildung bei der BA geführt. Angesichts der Wirtschaftskrise wächst offensichtlich der Druck auf die BA, hier stärker aktiv zu werden. Da die BA jedoch ihre seit Jahren bekannte Rhetorik von der „Wirkung und Wirtschaftlichkeit“ beibehält, ist sie offensichtlich immer noch nicht zu einer Änderung ihrer Geschäftspolitik bereit. Es bleibt zu hoffen, dass die Steigerung der Teilnehmerzahlen kein Strohfeuer bleibt.


Peter Schulz-Oberschelp
Netzwerk-Weiterbildung


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Verweise zu diesem Artikel:
Schlagworte zu diesem Beitrag: Öffentliche Beschäftigungspolitik
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 30.04.2009

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024