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Fachveranstaltung der Initiative Pro Integration am 2.2.2007 in Berlin zum Thema

„Evaluation und was nun? Die Zukunft der Integrationskurse“



Ein Bericht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

Anwesende:

Podium:
Herr Schindler (BAMF), Herr Hempel (Pro Integration), Dr. Hauschild (BMI), Herr Grindel (CDU), Herr Hempel (Pro Integration), Michael Weiß (VHS Berlin Mitte), ein Vertreter der Firma Rambol

Außerdem etwa 130 Teilnehmende, vorwiegend TrägervertreterInnen, aber auch einige (wenige) DozentInnen.

Zunächst wurden einige wesentliche Ergebnisse der Evaluation (genau nachzulesen auf der Internetseite des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)) vorgestellt und Fragen zu ebendieser beantwortet.

Große oder neue Erkenntnisse konnten dabei nicht verkündet werden. Alle „Mängel“ der Integrationskurse waren für alle „Beteiligten“ schon lange vor der Evaluation offensichtlich.

Überraschend höchstens, dass wohl tatsächlich zwei Drittel der Träger angegeben haben mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auszukommen (siehe Abbildung 18 der Evaluation).
Das lässt sich nur erklären, wenn man davon ausgeht, dass diese Träger 25 – 30 Teilnehmer (TN) in einen Kurs stecken, dem Lehrer 10 Euro Honorar bezahlen und /oder sehr günstige Raummieten und /oder noch andere Zuschussmittel zu Verfügung haben.

Zusammenfassend möchte ich hier nur einige Punkte nennen, die laut Ramboll Gutachten „verbessert“ bzw. verändert werden könnten /sollten.
  1. Die Träger sollen stärker kontrolliert werden, was das Vorbereiten auf die vorgeschrieben B1 Prüfung betrifft; die Prüfung soll für alle verpflichtend sein.
    Nur noch externe Prüfer sollen die Prüfung abnehmen; ebenso sollen die Einstufungstest nicht mehr von den Trägern selbst sondern von unabhängigen, externen „Testern“ vorgenommen werden, um auszuschließen, dass ein Träger TN in Kurse aufnimmt, die gar nicht in diese passen, aber aus Budgetgründen dringend benötigt werden.

  2. Die Stundenkontingente sollen flexibler gehandhabt, Alphakurse vorgeschaltet werden (z.B. mit 300 Unterrichtseinheiten (UE)). Die Nachqualifizierung der Lehrer muss forciert werden (etwa zwei Drittel der Lehrkräfte seien noch nicht „qualifiziert“).
    Es soll mehr Konkurrenz unter den Trägern geschaffen werden: welcher Träger bringt die meisten TN erfolgreich zur B1!

  3. Die Orientierungskurse sollen aufgewertet werden; ein Kurrikulum ist in Arbeit, auch die Prüfung soll zentral geschaltet werden (Standarttest); nur noch speziell geschulte Lehrer sollen die Orientierungskurse durchführen (Fortbildungen!)

  4. Flächendeckendes Angebot soll ausgeweitet, die Zulassung der Träger neu gestaltet werden. Die Träger sollen mehr kontrolliert werden, aber müssen sich dann nicht mehr alle 3 Jahre neu bewerben.

  5. Die Nachhaltigkeit der Kurse soll durch anschließende Maßnahmen verbessert werden. Mehr berufsbezogene Förderung. Bessere Zusammenarbeit mit der Migrationserstberatung.
    Bessere Verzahnung mit der ARGE, Einführung von Studienkrediten (ähnlich wie BaFöG) für Migranten, die nach der B1 weiter ihr Deutsch verbessern wollen.

  6. Abbau des administrativen Aufwands: keine Rückerstattung der Eigenbeträge, dafür Gutschreiben der Stunden, die nachgeholt werden können (Wie das gehen soll, ohne enorme Mehrkosten bzw. noch mehr Verwaltungsarbeit???) Neuregelung der Meldepflichten, bessere online Anbindung.

  7. Zielführende Finanzierung:
    Einführung eines Gutscheinsystems. Die TN bekommen Gutscheine vom BAMF ausgestellt; der Träger hat somit keine direkte Verwaltungsarbeit mehr mit dem BAMF) Anhebung des Stundensatzes auf mindestens 2,20 Euro!!!

  8. Anhebung des Stundensatzes:
    300 UE für Alpha
    300 UE für Jugendliche (dann aber bis B2)
    Wiederholungsoptionen

  9. Reduzierung der Teilnehmerzahl auf 15 TN

Laut Ramboll kann ein Träger mit 2,20 € und 15 TN im Kurs bei einem Honorar von 19 Euro für den Lehrer kostendeckend arbeiten!!!!!!!!!!!!!!!


Ramboll bezieht sich immer wieder auf einen bundesweiten Mittelwert, der sich durch die Umfragen ergeben habe. Es wurden 80 Träger (bundesweit) und Aktion Butterbrot befragt.

Nach der Vorstellung der oben genannten Punkte gab es die Möglichkeit für Fragen.

Anschließend wurden Arbeitsgruppen gebildet in denen zum entsprechenden Thema Verbesserungsvorschläge formuliert und später im Plenum vorgetragen werden sollten.
Die Themen waren:
  1. Trägerqualifizierung / Qualitätssicherung
  2. Kurse für besondere Zielgruppen
  3. Struktur, Tests, Einstufung
  4. Nachhaltigkeit – Was folgt nach den Integrationskursen?
  5. Finanzierung

Ich war in Gruppe 5 : Finanzierung.

Hier kamen wir sehr schnell zum dem Schluss, dass die Berechnungen von Ramboll definitiv nicht stimmen kann und unvollständig sind. So wurde zum Beispiel berechnet, dass bei 15 TN und einem Lehrerhonorar von 16,9 Euro, der Träger pro Stunde einen „Gewinn“ von 0,74 Euro macht (siehe Tabelle 30 im Ramboll Gutachten).

Ramboll schlägt vor, das Honorar auf 19 Euro und die Teilnehmerzahl auf 15 festzulegen; das sei bei einem Stundensatz von 2,20 Euro kostendeckend möglich. In der Arbeitsgruppe gingen wir von einem Mindesthonorar von 23 Euro aus, wie es bis Januar 2005 bezahlt wurde und kamen zu folgender Rechnung:

Bei 23 Euro Honorar und

20 TN = Stundensatz 3,30 Euro
bei 18 TN = 3,66 Euro
bei (wie von Ramboll empfohlen) 15 TN = 4,40 €; das ist genau das Doppelte von dem, was geplant ist!!

Außerdem wurde in der „AG Finanzierung“ gefordert:
  • Berücksichtigung der erhöhten Anforderungen an die KL.
  • Keine neuen Ausschreibungen, bei das Angebot zählt, nach dem Motto „Der Träger mit dem günstigsten Angebot bekommt die Zulassung“.
  • Deutliche Vereinfachung des Verwaltungsaufwandes.


Gegen Ende der Veranstaltung trafen sich alle AGs im Plenum wieder und brachten dort ihre Ergebnisse und erarbeiteten Verbesserungsvorschläge vor.

Die Teilnhmer auf dem Podium (insbesondere Herr Grindel von der CDU, Herr Schindler vom BAMF und Dr. Hauschild vom BMI) beantworteten dabei aufkommende Fragen und kommentierten die Vorschläge auch in Hinblick auf ihre Realisierbarkeit.

Alle Vorschläge werden jetzt von Pro Integration formuliert, zusammengetragen und anschließend dem BAMF und dem BMI vorgelegt. Diese haben bis Ende Juni Zeit die genauen Veränderungen und „Verbesserungen“ festzulegen und (am 1.Juli) dem Bundestag vorzulegen. Dort werden sie dann (ein paar Monate lang) diskutiert, am Ende verabschiedet und treten dann vermutlich Anfang 2008 in Kraft.

Das heißt, bis Ende Juni besteht noch die Möglichkeit zu versuchen, Einfluss zu nehmen.

Wir denken, mit das Wichtigste wäre die Politiker davon zu überzeugen, dass eine Erhöhung auf 2.20 Euro nicht ausreicht.

Ramboll schlägt drei Möglichkeiten und ihre „Konsequenzen“ vor:

Erhöhung auf 2,20 bzw. auf 2,50 bzw. auf 3 Euro. Zu jedem Betrag gibt es eine entsprechende Tabelle mit den „Auswirkungen“, wobei Ramboll bei einem gleichbleibenden Betrag von 19 € Lehrerhonorar bleibt, aber jeweils die Teilnehmerzahl reduziert. Z.B. bei 2,2 Euro 15 TN, bei 2,5 Euro 13 TN usw.

Wie man deutlich sehen kann: es sieht nicht gut aus für die finanzielle Zukunft der Träger und Kursleiter.

Aber vielleicht können wir ja mit vereinten Kräften zumindest noch ein kleines bisschen bewegen. In diesem Sinne

Miriam Herrmann, Aktion Butterbrot München


Sie können den Bericht hier als pdf-Datei herunterladen.

Weitere Informationen zur Aktion Butterbrot erhalten sie auf deren Homepage.

Verweise zu diesem Artikel:
Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 13.02.2007

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 19.03.2024