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Bund kürzt finanzielle Mittel für Weiterbildung von ALG II Empfängern

Einen drastischen Appell an die Bundesregierung richteten am Freitag die Geschäftsführer von vier Bildungseinrichtungen im Kreis Borken, eine zum 1. Juli angekündigte drastische Mittelkürzung für Eingliederungshilfen in den Arbeitsmarkt zurückzunehmen. 3,5 Millionen Euro sollen kreisweit weniger zur Verfügung stehen. Dieses dicke Minus hat ungeahnte Auswirkungen: Qualifizierungs-Programme für gut 1.250 frühere Sozialhilfeempfänger müssen sofort gestoppt werden; über 120 fest angestellten Mitarbeitern der Einrichtungen droht die Entlassung

Am Beispiel des DRK-Kreisverbandes Borken erläuterte Kreisgeschäftsführer Bernhard Lensing die fatalen Auswirkungen, berichtete das DRK am Freitag in einer Pressemitteilung: „Wir müssen zum 1. Juli die sozialen Einrichtungen wie Essen auf Rädern oder die Borkener Möbel- und Kleiderbörse schließen. Am Montag, 3. Juli, bleiben die Türen zu und die Mitarbeiter werden nach hause geschickt.“ Hintergrund ist eine Haushaltssperre des Bundes für Eingliederungsmaßnahmen der Sozialgesetzbuch-II-Empfänger. Berlin kürzte das Budget um 1,7 Milliarden Euro, weil offenbar aus diesem Budget für 2005 nur 60 Prozent der Mittel von Arbeitsagenturen und anderen Optionskommunen abgerufen worden waren.

Der Kreis Borken indes rief 90 Prozent der Mittel ab und arbeitete – wie zuvor schon mit den Bildungsträgern DRK-Kreisverband Borken, Ewibo Bocholt, Chance Gronau und Berufsbildungsstätte Ahaus – sehr erfolgreich.

Aus der am Donnerstag beschlossenen Resolution des Kreistages Borken geht hervor, dass in 2005 in beeindruckender Art und Weise SGB II Empfänger integriert wurden. Danach wurden 3.245 Personen in Maßnahmen betreut, 1.923 Personen in Zusatzjobs beschäftigt, 2.032 Personen in den ersten Arbeitsmarkt, 169 zusätzliche Ausbildungsstellen akquiriert. DRK-Geschäftsführer Bernhard Lensing am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Borken: „Wir werden für unsere erfolgreiche Arbeit bestraft. Alles ist bisher fantastisch gelaufen. Doch wenn die Mittelkürzungen so beschlossen bleiben wie verkündet, geht alles den Bach herunter. Das Ganze ist umso unverständlicher, weil die Bedarfsgemeinschaften im Kreis Borken in diesem Jahr um 28 Prozent nochmals zugenommen haben.“

Berthold Klein-Schmeink, Prokurist der Ewibo Bocholt, einer 100-prozentigen Tochter der Stadt Bocholt: „Mühsam aufgebaute Strukturen gingen kaputt. Die könnte man auch nicht nach einigen Monaten der pause wieder aufbauen.“

Heinrich Büngener von der Chance, einer Tochter der Stadt Gronau: „Die Kürzungen haben weitreichende Folgen bis weit über 2007 hinaus. Der Gesetzesgrundsatz ‚fördern und fordern’ ist nur eine worthülse. Vor wochen sind wir noch wegen unserer sehr erfolgreichen Arbeit für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen gelobt worden, jetzt wird alles zerstört.“

Bernhard Könning, Geschäftsführer der Berufsbildungsstätte (BBS) Westmünsterland GmbH für Handwerk und Industrie: „Das ist ein Nackenschlag. Eine dramatische Kürzung. Vor allem der kurze Zeitraum, in dem dies mitgeteilt wurde, lässt keine weitreichenden Planungen zu. Es ist ein weiterer Nackenschlag für unsere Bemühungen, Menschen dem Arbeitsmarkt wieder zuzuführen.“

Nach Mitteilung der vier großen Bildungsträger im Kreis Borken ergibt sich differenziert folgende Situation – DRK Borken, soziale Arbeit und Bildung GmbH: sofortiger Stopp für 400 Teilnehmer an Qualifizierungsmaßnahmen. 25 DRK Mitarbeiter müssen entlassen werden; Ewibo Bocholt: 300 Teilnehmer. 32 Menschen droht die Kündigung; Chance Gronau: 150 Teilnehmer. 25 bis 30 Mitarbeiter werden zum 1. Juli ohne Job sein; Berufsbildungsstätte Ahaus: 400 Teilnehmer. 18 stellen fallen weg, davon sind 35 Mitarbeiter betroffen.

Quelle: Grenzland Wochenpost, Anzeigenblatt für das Grenzland, 29. Juni 2006


Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 05.07.2006

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 28.03.2024