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Messe-Hostessen sind Arbeitnehmerinnen

Messe-Hostessen müssen von ihrer Vermittlungsagentur als Arbeitnehmerinnen behandelt werden.

Die Beteiligten streiten sich vorliegend um die Sozialversicherungspflicht der für die Klägerin tätig gewordenen Hostessen. Der beklagte Rentenversicherungsträger hatte die Beitragszahlungen nach einer Betriebsprüfung verlangt. Die klagende Messe-Agentur wehrte sich dagegen mit dem Argument, die Hostessen hätten ordnungsgemäß ein Gewerbe angemeldet und arbeiteten als Selbstständige.

Die Klägerin hat mit ihren Mitarbeitern (meist Studentinnen) einen Rahmenvertrag (RV) geschlossen. Danach ist der Auftragnehmer "Selbstständiger und Gewerbetreibender" und erhält die Gelegenheit, "entsprechend seinen Wünschen und Fähigkeiten" Aufträge von der Klägerin zu übernehmen. Hierzu wird der Auftragnehmer in eine bei der Klägerin geführte Kartei aufgenommen und erhält von dieser anschließend Angebote, für die Klägerin auf einer Messe tätig zu werden. In dem Angebot sind der Kunde, der Stundenlohn, der Einsatzort und die Dauer der Veranstaltung angegeben. Die Hostess entscheidet selbst darüber, ob sie dieses Angebot annimmt; eine Pflicht zur Übernahme des Auftrags besteht nicht.

Nach dem RV ist die Klägerin berechtigt, die Auftragnehmerin von einem Auftrag abzuberufen; diese kann ihrerseits die Erledigung des Auftrages im Einvernehmen mit der Klägerin einstellen, wenn sie vorher die Erledigung des Auftrags sichergestellt hat. Ist die Auftragnehmerin verhindert, hat sie sofort die Klägerin zu benachrichtigen und ist dafür verantwortlich, dass der Auftrag "im Einvernehmen mit der Klägerin" durch einen anderen Auftragnehmer ausgeführt wird.

Nachdem für die erste Instanz noch die gegen eine abhängige Beschäftigung der Hostessen sprechenden Elemente überwogen hatten, hat das Landessozialgericht der Beklagten Recht gegeben und die Agentur zur Nachzahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung verurteilt.

Die Hostessen waren bei der Klägerin gemäß Â§ 7 SGB IV und den hierzu vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen abhängig beschäftigt gewesen. Sie leisteten nach Überzeugung des Gerichts keine selbstbestimmte, nach eigenen Vorstellungen geplante Arbeit, sondern waren weitgehend weisungsgebunden tätig. So sind ihnen Einsatzzeiten, Erscheinungsbild und Formulierungen im Umgang mit den Kunden vorgegeben worden. Damit hat die Agentur ihnen gegenüber Weisungsrechte ausgeübt. Außerdem haben die Frauen kein unternehmerisches Risiko getragen.

Der Umstand, dass die Hostessen ein Gewerbe angemeldet hatten, reicht im Übrigen nicht aus, um sie als selbstständige Auftragnehmerinnen der Klägerin anzusehen. In dieser Handhabung zeigt sich für das LSG lediglich der Wille der Vertragspartner, die Tätigkeit als eine selbstständige zu behandeln. Dieser Wille allein macht aber aus einem tatsächlich bestehenden Beschäftigungsverhältnis keine selbstständige Tätigkeit.

Es kommt deshalb auch nicht darauf an, dass die Hostessen auf Grund ihres damaligen Status als Studentinnen daran interessiert waren, möglichst viel brutto zu verdienen und nicht sozialversicherungspflichtig zu sein. Das (angeblich) fehlende soziale Schutzbedürfnis ändert nichts daran, so das Gericht weiter, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis eintritt, wenn die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.

LSG Hessen, Urt. v. 20.10.2005 - L 8/14 KR 334/04
Hessisches Justizministerium online / dpa

Quelle: arbeitsrecht.de




Dieser Beitrag wurde zuletzt aktualisiert am 11.03.2006

Quelle: www.netzwerk-weiterbildung.info
Druckdatum: 29.03.2024